Wiener Bruckner-Chor
Der aus dem Kirchenchor der erst 1906 gegründeten Pfarre Neumargareten in Wien (12. Bezirk) hervorgegangene gemischte Chor wurde 1921 von Ignaz Leopold Weber (* 27.1.1876 Wien/A, † 16.5.1943 Wien/A), mit dem Ansinnen die Werke Bruckners zu fördern, ins Leben gerufen. Die Feier des 25. Todestags Bruckners sowie seine Gründung wurden vom Wiener Bruckner-Chor mit der Aufführung der Messe in e‑Moll (mit Orgelbegleitung in der Bearbeitung von Vinzenz Goller, gespielt von Viktor Gombocz [?–?]) und des Ave Maria (WAB 6) unter der Leitung Webers beim Hochamt am 15.8.1921 (Mariä Himmelfahrt) im Stift St. Florian begangen. Weber, der bereits seit 1906 als Dirigent an der Pfarre Neumargareten und ab 1928 an der Pfarrkirche Meidling wirkte und sich intensiv um die Werke Bruckners bemühte, baute den Wiener Bruckner-Chor zu einem der führenden Kirchenchöre Wiens auf und konnte für zahlreiche Aufführungen die Mitwirkung erstklassiger Orchestermusiker, meist Mitglieder der Wiener Symphoniker und des Wiener Staatsopernorchesters, gewinnen. Unter seiner Leitung sang der Chor, der in den 1920er Jahren ca. 60–150 Sängerinnen und Sänger umfasste, bei vielen Konzerten und Gottesdiensten Werke Bruckners, besonders oft die Messe in d‑Moll, die Messe in e‑Moll und das Te Deum. Zumindest 1927 wurde Freitag abends im Anton Bruckner-Saal der Musikakademie (Seilerstätte 8, 1. Bezirk, Wien) geprobt.
Anlässlich von Bruckners 100. Geburtstag führte der Wiener Bruckner-Chor zusammen mit den Wiener Symphonikern am 20.10.1924 im Wiener Konzerthaus die Messe in f‑Moll und das Te Deum auf sowie im Rahmen der Bruckner-Zentenarfeier des Bundesministeriums für Unterricht am 29.11.1924 zusammen mit Mitgliedern des Staatsopernorchesters die Messe in d‑Moll.
Zur Enthüllung der Bruckner-Gedenktafel in der Stiftskirche Klosterneuburg am 13.5.1926 (Christi Himmelfahrt) sang der Chor zusammen mit zahlreichen weiteren Sängern unter der Leitung von Andreas Weißenbäck (1880–1960) beim Hochamt die Messe in e‑Moll.
Am 30. Todestag Bruckners, am 11.10.1926, veranstaltete der Wiener Bruckner-Chor zusammen mit dem Brucknerbund von Wien und Niederösterreich im Anton Bruckner-Saal der Musikakademie eine Gedenkfeier, bei der er die Kantate Entsagen und das Ave Maria (WAB 5) zum Besten gab.
Am 13.4.1928 wirkte der Wiener Bruckner-Chor im Festsaal des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (Wollzeile 41, 1. Bezirk, Wien) an der vom Bildungsverein Volkslesehalle organisierten Aufführung der musikalisch-deklamatorischen Episode Anton Bruckners Klosterneuburgerfahrt (Text: Vinzenz Oskar Ludwig [1875–1959], Musik: Goller) mit.
Im Mai 1929 machten die Wiener Ortsgruppe der Internationalen Bruckner‑Gesellschaft (IBG) und der Wiener Bruckner-Chor eine Fahrt nach Linz und St. Florian, bei welchem Anlass der Chor am 5.5. beim Hochamt in der St. Florianer Stiftskirche die Messe in d‑Moll und nachmittags im Marmorsaal, begleitet vom Linzer Musikerbundorchester unter Franz Moißl, das auch die Symphonie in d‑Moll („Annullierte“) spielte, das Te Deum sang.
Im Rahmen des 7. Internationalen Brucknerfestes der IBG (Brucknerfeste und -feiern) führte der Wiener Bruckner-Chor zusammen mit dem Meidlinger Kirchenmusikverein und den Wiener Symphonikern unter Weber am 12.10.1936 vormittags in der Meidlinger Pfarrkiche in Wien die Messe in d‑Moll auf.
Nach dem Tod Webers 1943 scheint der Wiener Bruckner-Chor nicht weiterbestanden zu haben.
Literatur
- Die Aufführung der Bruckner-E-Moll-Messe in St. Florian, in: Linzer Volksblatt 17.8.1921, S. 5
- Fr. Müller, Ein Brucknerfest in St. Florian. (Aufführung der E-Moll-Messe von Bruckner durch den Neumargarethner Kirchenchor von Wien.), in: Linzer Volksblatt 18.8.1921, S. 4f.
- [Linzer] Tages-Post 5.11.1921, S. 9
- Neues Wiener Tagblatt, Tagesausgabe 16.2.1922, S. 7
- Reichspost 1.4.1923, S. 14
- Neues Wiener Tagblatt, Tagesausgabe 28.5.1922, S. 11
- Neues Wiener Tagblatt, Tagesausgabe 18.10.1923, S. 10
- Neues Wiener Tagblatt 18.4.1924, S. 21
- Reichspost 14.6.1924, S. 8
- Reichspost 19.10.1924, S. 7, 12
- Große Brucknerfeier. Besuch des Bundeskanzlers bei der Brucknerfeier der Kunststelle für christliche Volksbildung, in: Reichspost 22.10.1924, S. 8
- M. S., Bruckner-Feier. Große Messe in F-Moll, in: Reichspost 23.10.1924, S. 6f.
- Brucknerfeier im Rahmen der Bruckner-Centenarfeier des Bundesministeriums für Unterricht, in: Radio Wien 29.11.1924, S. 2
- A. R., „Singen und Klingen im alten Wien“, in: Reichspost 3.2.1925, S. 7
- Badener Zeitung 8.5.1926, S. 5
- Eine Bruckner-Gedenktafel in der Klosterneuburger Stiftskirche, in: Reichspost 14.5.1926, S. 6
- Ein Wiener Kirchenmusiker, in: Reichspost 8.6.1926, S. 9
- Franz Moißl, Der Wiener Bruckner-Chor, in: Musica Divina 14 (1926) H. 7/8, S. 102
- Anton Bruckner-Gedenkfeier in Wien, in: [Linzer] Tages-Post 14.10.1926, S. 7
- [Linzer] Tages-Post 20.1.1927, S. 6
- Triestingtaler u. Piestingtaler Wochen-Blatt 11.6.1927, S. 3
- Franz Moißl, Klosterneuburger Kirchenmusik am Leopoldifeste, in: Reichspost 17.11.1927, S. 8
- Reichspost 15.3.1928, S. 9
- Reichspost 13.4.1928, S. 10
- Reichspost 29.9.1928, S. 9f.
- -ll-, Aus Stadt und Land. Brucknertage in Linz und St. Florian, in: Tagblatt 7.5.1929, S. 5
- Franz Moißl, Das Brucknerfest in St. Florian. D-Moll-Messe. – D-Moll-Sinfonie. – Tedeum, in: Reichspost 9.5.1929, S. 7
- H-r., Das Sankt-Florian-Fest., in: Wiener Zeitung 16.5.1929, S. 6
- Der Wiener Brucknerchor in Korneuburg, in: Reichspost 27.6.1930, S. 9
- K.-B., Vom Stephansdom zur Gruftkirche. Die Überführungsfeierlichkeiten für Dr. Seipel und Dr. Dollfuss, in: Salzburger Chronik 1.10.1934, S. 2
- Bruckner-Gedenkfeier, in: Salzburger Chronik 12.10.1936, S. 5
- Der Gründer des Wiener Bruckner-Chors gestorben, in: Neues Wiener Tagblatt, Tagesausgabe 18.5.1943, S. 3
- Bruckner-Bestände des Stiftes St. Florian IElisabeth Maier/Renate Grasberger, Die Bruckner-Bestände des Stiftes St. Florian. Katalog. Teil 1: Das Bruckner-Archiv (Gruppe 1–12) (Wiener Bruckner-Studien 6/1). Wien 2014, S. 98f. [hier fälschlich Johann L. Weber]
- Taufbuch 1876 der Pfarre Meidling, fol. 51