Bruckner in Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien
Warum Bruckner heute in Schulbuch und Musikunterricht einen sehr geringen Stellenwert einnimmt, hat mehrere Gründe. Zum einen sind Umfang und Gehalt der Werke für Jugendliche mit überwiegend fehlenden musikalischen Vorkenntnissen und Interessen schwierig zu vermitteln, zum anderen hängt dies auch mit der regionalen Verwurzelung des Komponisten zusammen. Die Konzepte der Musiklehrbücher gehen meist von einer konservativ-national orientierten Kanonbildung aus, die sich seit Jahrzehnten nur wenig verändert hat. So wird z. B. das Thema „Symphonie“ stets an Ludwig van Beethoven erörtert. Überdies tragen heute technische Neuerungen und gesellschaftliche Entwicklungen in Richtung interkulturelles Lernen, Stärkung des Umweltbewusstseins, Friedenserziehung etc. sowie eine grundsätzliche Abkehr von bildungsbürgerlichen Normen dazu bei, dass es zu thematischen Umgewichtungen im Musikunterricht kommt. So wurden in den letzten Jahren die Beiträge über Bruckner – im Übrigen auch über andere wichtige Symphoniker (Johannes Brahms, Gustav Mahler) – in den Lehrbüchern deutlich reduziert. Neue Vermittlungswege können heute durch fächerübergreifende Projekte beschritten werden.
In der Unterstufe wird Bruckner zumeist nur in der 4. Klasse im Kontext mit Oberösterreich (Internationales Brucknerfest Linz) bzw. Richard Wagner erwähnt, zuweilen auch der Organist (Orgel) besonders hervorgehoben. Konkrete Werkbeispiele sind dem Te Deum – laut Autor sein „bestes Werk“ (Club Musik 4, S. 69) – sowie der Vierten und Siebenten Symphonie entnommen. Sind für die Vierte (Beginn des Kopfsatzes bzw. Scherzo) deren relativ leichte akustische Eingängigkeit und das angesprochene „Romantische“ Beweggründe für die didaktische Reduktion, dient die Siebente als Demonstrationsobjekt für dynamische Gestaltung bzw. symphonisches Beginnen.
Umfangreicher biografisch dokumentiert erscheint Bruckner im Lehrbuch Ein Weg zur Musik 4; als Musikbeispiel dient hier das Locus iste. In Erlebnis Musik 4 ist ihm unter Die romantische Sinfonie sogar ein ganzes Kapitel gewidmet. Darin wird eingehend sein symphonisches Schaffen anhand der Vierten besprochen und eine Gegenüberstellung zur klassischen Symphonik unternommen.
Abgesehen davon, dass es für die Oberstufe kaum allgemeine Lehrbücher gibt und Musik ab der 7. Schulstufe als Alternativfach zu Bildnerischer Erziehung gewählt werden kann, bietet sich dort ein ähnliches Bild. Wiederum wird – wenn überhaupt – die Vierte als kurzes Beispiel herangezogen.
In der Praxiszeitschrift mip-Journal kommen in mehreren Ausgaben didaktische Hinweise zu Bruckner-Symphonien vor. So wird z. B. in einem Hörprojekt zum Scherzo der Vierten Symphonie versucht, das akustische Verständnis – u. a. mittels einer Rhythmus-Partitur – zu schulen (Holzapfel).
Im Österreichischen Schulportal (www.schule.at) findet sich eine kurze Darstellung mit äußerst geringem Inhalt. Demnach war Bruckner „einer der großen Söhne dieses Landes“ und „liebte Orchestermusik“.
Literatur
- Egon Kraus/Leo Rinderer (Hg.), Ein Weg zur Musik 4. Innsbruck/Neu-Rum 1980
- Friedrich C. Heller, Anton Bruckner im Schul- und Jugendbuch, in: Bruckner‑Symposion 1988Othmar Wessely (Hg.), Bruckner-Symposion. Anton Bruckner als Schüler und Lehrer. Im Rahmen des Internationalen Brucknerfestes Linz 1988. 21.–25. September 1988. Bericht. Linz 1992, S. 147–156
- Walter Knapp/Egon Kraus/Wolf Peschl, Wege zur Musik 2. Innsbruck 1991
- Nikolaus Holzapfel, Mit Bruckner auf der Jagd. Hörprojekt zu Anton Bruckners Scherzo aus der vierten Symphonie, in: mip-Journal 2 (2001), S. 46–49
- Gisela Mayer/Florian Krenstetter, Klangfarben 1, 2. Wien 2006
- Michaela Matl-Vidmar/Christoph Matl/Helmut Reichenauer, Erlebnis Musik 4. Salzburg 2008
- Gerhard Wanker/Bernhard Gritsch/Maria Schausberger, Club Musik 1. Rum bei Innsbruck 2009
- Gerhard Wanker/Bernhard Gritsch/Maria Schausberger, Club Musik 4. Rum bei Innsbruck 2011
- Constanze Wimmer, Bruckner im Schulunterricht, oder: wie wird aus einem Komponisten der Romantik Musik, die für Kinder und Jugendliche von Bedeutung ist?, in: Bruckner-Tagung 2013Andreas Lindner/Klaus Petermayr (Hg.), Bruckner-Tagung Linz 2013. Brucknerland Oberösterreich? – Anton Bruckners Bedeutung für die Gegenwart. Linz, 17. und 18. Oktober 2013. Bericht (Bruckner-Vorträge). Linz 2015, S. 63–73
- www.schule.at [31.1.2018]