Maximilian (eigentl. Ferdinand Maximilian Joseph Maria), Kaiser von Mexiko
* 6.7.1832 Schloss Schönbrunn (heute 13. Bezirk, Wien/A), † 19.6.1867 Querétaro/MEX (exekutiert). Erzherzog von Österreich, Kaiser von Mexiko.
Zweiter Sohn von Erzherzogin Sophie (1805–1872) und Erzherzog Franz Karl (1802–1878), somit jüngerer Bruder Kaiser Franz Josephs I.
Maximilian genoss eine ausgezeichnete Erziehung durch Heinrich Graf Bombelles (1789–1850), die auch seine künstlerischen, historischen und naturwissenschaftlichen Interessen berücksichtigte, war interessiert, ambitioniert, von rascher Auffassungsgabe sowie politisch liberal und aufgeschlossen, stand jedoch, insbesondere seit der Thronbesteigung seines Bruders 1848, immer in dessen Schatten. 1850 trat er in die österreichische Kriegsmarine in Triest ein. Seit 1854 war er Oberkommandant der Marine.
1856 verlobte sich Maximilian mit Charlotte (1840–1927), der Tochter König Leopolds I. von Belgien (1790–1865). Am 28.2.1857 wurde er zum Generalgouverneur von Lombardo-Venetien mit der Residenz in Mailand ernannt. Unter seiner Ägide brach die Fregatte „Novara“ zu ihrer Weltumseglung (1857–1859) auf, die vor allem naturwissenschaftlichen Zwecken diente. Am 27.7.1857 heiratete Maximilian seine Verlobte in Brüssel. Auf Befehl Kaiser Franz Josephs I musste Maximilian der angespannten politischen Lage wegen schon 1859 sein Amt als Generalgouverneur niederlegen. Nach dem Verlust der Lombardei (Schlacht von Solferino 1859) zogen sich Maximilian und Charlotte auf die Insel Lacroma bei Dubrovnik (1859) und 1860 auf das noch in Bau befindliche (erst nach dem Tod Maximilians fertiggestellte) Schloss Miramar bei Triest zurück.
Am 24.12.1861 suchte der emigrierte mexikanische Monarchist Gutiérrez de Estrada (1800–1867) Maximilian in Miramar auf; zum ersten Mal trat hier die Idee eines mexikanischen Kaiserreichs in Maximilians Blickfeld, der von solchen Plänen durchaus fasziniert war, bedeuteten sie ja für ihn, endlich aus dem Schatten des Bruders treten zu können. Mexiko befand sich zu diesem Zeitpunkt jedoch in einer großen wirtschaftlichen Notlage. Präsident Benito Juárez (1806–1872) ordnete eine zweijährige Einstellung der Rückzahlung der Auslandsschulden des Landes an. Daraufhin beschlossen Frankreich, Spanien und Großbritannien, die Zahlungen mit Waffengewalt einzufordern. Napoleon III. (1808–1873) hatte jedoch vor allem die Eroberung Mexikos im Blick; Großbritannien und Spanien zogen daraufhin ihre Truppen ab.
Am 3.10.1863 bot eine mexikanische Deputation auf Wunsch Napoleons III. Maximilian die Krone Mexikos an (die ihm von England angebotene Krone Griechenlands hatte er abgelehnt). Maximilian machte seine Zustimmung von einer Volksabstimmung abhängig, deren Ergebnis allerdings von den Franzosen zugunsten einer Monarchie gefälscht wurde. Unter dieser falschen Voraussetzung nahm Maximilian am 10.4.1864 die mexikanische Kaiserkrone an und brach am 14.4.1864 nach Mexiko auf. Kaiser Franz Joseph I. verlangte von Maximilian den Verzicht auf alle Erb- und Thronfolgeansprüche in Österreich. Zögernd unterschrieb Maximilian, versuchte jedoch schon auf der Überfahrt – allerdings vergeblich – diese Entscheidung zu widerrufen. Ende Mai traf das Kaiserpaar in Mexiko ein, mit einem Freiwilligenkorps und dem Segen von Papst Pius IX. (1792–1878).
Maximilian stieß von Anfang an bei der Errichtung seiner Herrschaft auf heftigen Widerstand und musste von Waffen Gebrauch machen, wobei er auf die finanzielle Unterstützung Frankreichs angewiesen war. Als die USA nach den Sezessionskriegen 1865 gegen die europäische, insbesondere die französische Intervention in Mexiko vorzugehen begannen, entzog Napoleon III. dem Kaiser die notwendige Hilfe. Maximilian zog daraufhin eine Demission in Erwägung, wurde von seiner Frau jedoch daran gehindert. Charlotte unternahm im Juli 1866 erfolglose Versuche, vom Papst und von Napoleon III. persönlich Unterstützung für ihren Mann zu erhalten; schon während dieser Europareise erlitt sie einen Nervenzusammenbruch.
Das österreichische und belgische Freiwilligenkorps wurde aufgelöst, die zurückgebliebenen Soldaten in die mexikanische Nationalarmee eingegliedert. Napoleon III. hatte im Juni 1866 seine Truppen aus Mexiko abgezogen, die USA unterstützten die mexikanischen Republikaner.
Der gegen die Franzosen kämpfende spätere Präsident von Mexiko, Porfirio Diaz (1830–1915), war wesentlich am Sturz des Kaisers beteiligt. Maximilian, der eine heimliche Flucht abgelehnt hatte, wurde am 15.5.1867 gefangen genommen, von einem Kriegsgericht zum Tod verurteilt und am 19.6.1867 mit zweien seiner Generäle in Querétaro erschossen. Sein einbalsamierter Leichnam wurde erst zu Jahresende 1867 für die Beerdigung freigegeben, mit der „Novara“ nach Europa überführt und am 18.1.1868 in der Kapuzinergruft in Wien beigesetzt. Kaiserin Charlotte wurde nach Schloss Miramar, dann nach Schloss Bouchout in Belgien gebracht, wo sie, zunehmend psychisch krank, am 19.1.1927 verstarb und in Schloss Laeken beigesetzt wurde. Im Todesjahr Maximilians erschien in Leipzig seine siebenbändige Autobiografie Aus meinem Leben.
In tragischer Unkenntnis der wahren politischen Lage und ohne Unterstützung im Land hatte das Kaiserpaar versucht, europäische Kultur nach Mexiko zu „importieren“ (u. a. Anlage von Schlössern, Gärten, Museen, Gründung einer Akademie der Wissenschaften und eines Kaiserlichen Theaters). Offenbar in diesem Zusammenhang dürfte Bruckner der Posten eines Hoforganisten am Kaiserhof in Mexiko angeboten worden sein. Mit Ausnahme einer Erwähnung in der Bruckner-Biografie von August Göllerich und Max Auer (Göll.-A. 3/1, S. 423f.) und zweier Briefe Bruckners an seinen Freund Rudolf Weinwurm (in denen er seine Auswanderungspläne erwähnt bzw. im zweiten Brief seinen Wunsch, den aufgebahrten Leichnam Maximilians zu sehen, vgl. Briefe I, 641018, 680116/1) ist dieses Kapitel von Bruckners Biografie noch weitgehend ungeklärt und wurde zumeist in den Bereich romantischer Spekulation verwiesen oder, was den erwähnten Wunsch, den toten Kaiser zu sehen, betraf, einer „nekrophilen“ (!) Neigung (Persönlichkeit) zugeschrieben. Neueren Quellen zufolge dürfte das Angebot an Bruckner (und Weinwurm!) jedoch sehr konkret gewesen sein: Die kunstsinnige und u. a. mit Franz Grillparzer (1791–1872) und Adalbert Stifter befreundete, in Linz seit 1848 einen bedeutenden „Salon“ führende Emilie von Binzer war 1857 (auf Vermittlung Grillparzers) dem jungen Maximilian als Begutachterin von dessen literarischen Versuchen genannt worden, woraus sich eine enge Freundschaft entwickelte. Er suchte sie nicht nur vor seiner Abreise nach Mexiko in Linz auf, sondern schrieb ihr auch einen seiner letzten Briefe vor der Hinrichtung. Dieser enge Kontakt zwischen Linz und dem mexikanischen Kaiserhof scheint eine konkrete Empfehlung des damals schon berühmten Linzer Dom- und Stadtpfarrorganisten Bruckner für einen Posten in Mexiko durchaus plausibel zu machen. Bruckner hatte alles, was er über den unglücklichen Kaiser, der vielleicht sein Dienstherr geworden wäre, in Wien bekommen konnte, mit großem Interesse gelesen und besaß sogar eine Lebensbeschreibung Maximilians. Als er von der Erschießung und dem späteren Eintreffen der Leiche in Wien erfuhr, bemühte er sich intensiv, Näheres zu erfahren, um eventuell den Beisetzungszeremonien in der Kapuzinergruft beiwohnen zu können.
Schriften
- Reise-Skizzen. Als Manuscript gedruckt. 7 Bde. Wien 1854–1864
- Gedichte. 4 Bde. Wien 1859–1864
- Ricordo a Ferdinando Massimiliano I. Imperatore del Messico, Arciduca d’Austria. Triest 1867
- Aus meinem Leben. Reiseskizzen, Aphorismen, Gedichte. 7 Bde. Leipzig 1867
- Mein erster Ausflug. Wanderungen in Griechenland. Leipzig 1868
Literatur
- Zeitgenössische Zeitungsberichte
- Wilhelm von Montlong, Authentische Enthüllungen über die letzten Ereignisse in Mexiko. Stuttgart 1868
- Göll.-A.August Göllerich/Max Auer, Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild (Deutsche Musikbücherei 36–39). 4 Bde. (in 9 Teilbänden [1, 2/1–2, 3/1–2, 4/1–4]). Regensburg 1922–1937, unveränd. Nachdruck 1974 3/1, S. 423f., 4/1, S. 317, 4/2, S. 568, 4/3, S. 505
- Traute Zacharasiewicz, Nachsommer des Biedermeier. Emilie von Binzer, eine Freundin Adalbert Stifters (Schriftenreihe des Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich 33). Linz 1983
- Konrad Ratz, Das Militärgerichtsverfahren gegen Maximilian von Mexiko 1867. Vorgeschichte, Prozeßanalyse und -kritik, Prozeßakten, Rechtsgrundlagen (Hardegger Beiträge zur Maximilian-Forschung 3). Wien 1985
- Franz Müllner, Johann Carl Fürst Khevenhüller-Metsch, ein Kampfgefährte Kaiser Maximilians von Mexiko. Retz o. J.
- Brigitte Hamann (Hg.), Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon. Wien 1988, S. 372–375
- Bruckner – skizziertRenate Grasberger/Erich Wolfgang Partsch, Bruckner – skizziert. Ein Porträt in ausgewählten Erinnerungen und Anekdoten (Anton Bruckner. Dokumente und Studien 8). 2., verbesserte Aufl. Wien 1996, S. 50f.
- Rudolf Lehr, Emilie von Binzer, in: Landeschronik Oberösterreich. Sonderausgabe. Wien–München 1992, S. 249
- Kerry R. J. Tattersall (Hg.), Von Miramar nach Mexiko (Ausstellungskatalog, Münze Österreich). Wien 2007/2008
- Briefe IAndrea Harrandt/Otto Schneider (Hg.), Briefe von, an und über Anton Bruckner. Bd. I. 1852–1886 (NGA XXIV/1). 2., rev. und verbesserte Aufl. Wien 2009
- Ilsebill Barta, Maximilian von Mexiko. Der Traum vom Herrschen (Ausstellungskatalog). Wien 2013
- Art. „Ferdinand Maximilian, Erzhg. von Österr., K. von Mexiko“, in: www.biographien.ac.at [23.5.2019]
- Peter Burian, Art. „Maximilian, Kaiser von Mexiko“, in: www.deutsche-biographie.de [23.5.2019]
- www.habsburger.net/de/kapitel/der-gescheiterte-kaiser-von-mexiko [23.5.2019]