Weinwurm, Brüder
Alois: * 18.1.1824 Scheideldorf bei Göpfritz an der Wild,
Niederösterreich/A, † 19.5.1879 Linz, Oberösterreich/A. Musikpädagoge und
Chordirigent.
Sängerknabe im Stift Zwettl, Schulbesuch in Wien. Ab 1844 als Klavier- und Gesanglehrer, später
am Staatsgymnasium und der Oberrealschule in Linz
tätig. 1846–1848 und 1852/53 Mitglied der Liedertafel „Frohsinn“,
ab 1857 Leiter des Gesangvereins „Kränzchen“. Gründete den Männergesang-Verein „Sängerbund“, dem er 1857–1879 als Chormeister
vorstand.
Durch Vermittlung von Alois lernte Bruckner im September 1856 dessen jüngeren Bruder Rudolf kennen. Bruckner wirkte in Konzerten des Männergesang-Vereins „Sängerbund“ als Pianist mit und widmete dem Verein auf Wunsch von Alois „Du bist wie eine Blume“ und Um Mitternacht (WAB 89). Zu einer Verstimmung kam es wegen der Preisentscheidung beim Oberösterreichisch-Salzburgischen Sängerfest 1865, weil Bruckner argwöhnte, dass Alois seine Position in der Jury zu Gunsten seines Bruders genützt habe. Der Konflikt wurde Ende 1866 beigelegt, „am 25. Dez. bei Gelegenheit der Bürgermeistertafel wurde die alte Bruderschaft erneuert“, schrieb Bruckner an Rudolf Weinwurm (Briefe I, 670118).
Schriften
- Ueber Gesangsunterricht an Gymnasien. Linz 1854
Literatur
- Briefe IAndrea Harrandt/Otto Schneider (Hg.), Briefe von, an und über Anton Bruckner. Bd. I. 1852–1886 (NGA XXIV/1). 2., rev. und verbesserte Aufl. Wien 2009
- ABCD
- Christian Fastl, Art. „Weinwurm, Brüder“, in: www.musiklexikon.ac.at [8.4.2019]
Rudolf: * 3.4.1835 Scheideldorf bei Göpfritz an der
Wild, Niederösterreich/A, † 26.5.1911 Wien/A. Komponist und
Chordirigent.
Nach Abschluss des Piaristengymnasiums musikalische Ausbildung bei Josef
Laimegger (1814–1895) und ab 1855 Jus-Studium an der Universität Wien, dort Mitglied der
Juristen-Liedertafel, aus der auf Weinwurms Initiative
1858 der Wiener Akademische Gesangverein hervorging, den er 1858–1866 und
1880–1887 leitete. 1862 wurde er Universitätsgesanglehrer, 1865–1878 Chormeister
der Wiener Singakademie und 1866–1880 des Wiener
Männergesang-Vereins. 1880 wurde er zum Universitätsmusikdirektor
ernannt.
Nach dem Mozartfest in Salzburg lernte Rudolf durch seinen älteren Bruder Alois im September 1856 Bruckner kennen und schloss mit ihm sofort Freundschaft. Weinwurm war der wichtigste Wiener Kontaktmann Bruckners während dessen Linzer Zeit und vermittelte ihm das Quartier für seine Aufenthalte in Wien. Aus diesem Zeitraum sind rund 60 Briefe überliefert, die ein Bild von dieser Freundschaft, aber auch von der seelischen Verfassung der beiden geben.
Ihr Verhältnis blieb jedoch nicht zeitlebens ungetrübt. Ein erster Konflikt ergab sich beim Oberösterreichisch-Salzburgischen Sängerfest im Juni 1865, bei dem Weinwurms Chor Germania vor Bruckners Germanenzug den 1. Preis erringen konnte. Nach Bruckners Übersiedlung nach Wien wurden sie „Konkurrenten“ in der Lehrerbildungsanstalt St. Anna, wo Weinwurm als Klavierlehrer tätig war, sowie an der Universität Wien, wo Eduard Hanslick, der mit Weinwurm befreundet war, gegen Bruckner zu intervenieren versuchte.
Weinwurm nahm sich aber auch der Werke Bruckners an. So leitete er am 7.12.1881 die Wiener Erstaufführung des Chores Um Mitternacht (WAB 89) und am 11.4.1886 die Uraufführung des Chores Trösterin Musik. Auf seine Veranlassung hin schrieb August Seuffert einen neuen Text zu Bruckners Chor Nachruf. Bruckner wirkte auch bei Konzerten des Wiener Akademischen Gesangvereins als Orgelimprovisator (Orgel, Improvisationen) mit. Beim Festkonzert zum 50-jährigen Bestehen des Vereines leitete Weinwurm am 30.5.1908 u. a. Bruckners Germanenzug. Weinwurm spendete auch für das Bruckner-Denkmal in Steyr. In seinem Besitz befanden sich die Autografen von Christus factus est (WAB 10) und Mitternacht (beide heute in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek).
Werke
- Bühnenwerke
- Kirchenmusik
- Chorwerke
- Werke für Klavier und Orchester
- zahlreiche Bearbeitungen von Werken Schuberts, Schumanns, Mendelssohn-Bartholdys
Schriften
- Musikpädagogische Arbeiten
Literatur
- Göll.-A.August Göllerich/Max Auer, Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild (Deutsche Musikbücherei 36–39). 4 Bde. (in 9 Teilbänden [1, 2/1–2, 3/1–2, 4/1–4]). Regensburg 1922–1937, unveränd. Nachdruck 1974 2/1 und 4/1–3
- Johann Frieben, Rudolf Weinwurm. 3 Bde. Diss. Wien 1960
- Peter Altmann, Rudolf Weinwurm (1835–1911). Wien 1985
- Leopold Nowak, Rudolf Weinwurm – Zum 150. Geburtstag, in: IBG-MitteilungsblattMitteilungsblatt der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Studien & Berichte. Hg. v. der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Wien 1971ff. Nr. 26 (Oktober 1985), S. 23–26
- Andrea Harrandt, „... den ich als einzigen, wahren Freund erkenne ...“ Anton Bruckner und Rudolf Weinwurm, in: Bruckner-Symposion 1994Othmar Wessely u. a. (Hg.), Bruckner-Symposion. Bruckner-Freunde – Bruckner-Kenner. Im Rahmen des Internationalen Brucknerfestes Linz 1994. 21.–25. September 1994. Bericht. Linz 1997, S. 37–48
- Andrea Harrandt, „Vivat! Und nochmals Vivat!“ Rudolf Weinwurm und sein Preischor Germania, in: Österreichische Musik – Musik in ÖsterreichElisabeth Th. Hilscher (Hg.), Österreichische Musik – Musik in Österreich. Beiträge zur Musikgeschichte Mitteleuropas. Theophil Antonicek zum 60. Geburtstag (Wiener Veröffentlichungen zur Musikwissenschaft 34). Tutzing 1998, S. 385–394
- Karin Windhör, Rudolf Weinwurm und das Wiener Chorwesen. Aspekte und Stationen. Dipl.arb. Wien 2002
- Briefe IIAndrea Harrandt/Otto Schneider (Hg.), Briefe von, an und über Anton Bruckner. Bd. II. 1887–1896 (NGA XXIV/2). Wien 2003
- Briefe IAndrea Harrandt/Otto Schneider (Hg.), Briefe von, an und über Anton Bruckner. Bd. I. 1852–1886 (NGA XXIV/1). 2., rev. und verbesserte Aufl. Wien 2009
- Christian Fastl, Art. „Weinwurm, Brüder“, in: www.musiklexikon.ac.at [8.4.2019]