Sittard, Josef (Joseph Heinrich)

* 4.6.1846 Vital bei Aachen, Nordrhein-Westfalen/D, † 24.11.1903 Hamburg/D. Musikwissenschaftler.

Nach seiner musikalischen Ausbildung am Stuttgarter Konservatorium unterrichtete er dort 1872–1885 Gesang und Klavier. Sitttard, seit 1885 von Bruckner in dessen Taschen-Notizkalendern vermerkt, wirkte seit 1885 als Musiklehrer, ‑schriftsteller und ‑kritiker in Hamburg und gehörte zu den Wegbereitern der dortigen musikwissenschaftlichen Forschung. Neben seiner besonderen Bewunderung für Pjotr Iljitsch Tschaikowsky (1840–1893) setzte er sich in seinen Berichten für die Tageszeitung Hamburgischer Correspondent mit Einfühlung und kritischer Ausführlichkeit für Bruckners Werke in Norddeutschland ein. Sittards begeisterte Kritik zur Aufführung der Siebenten Symphonie am 19.2.1886 in Hamburg legte Wilhelm Zinne (ebenso wie eine Rezension von August Ferdinand Riccius) seinem Brief an Bruckner (Briefe I, 860220/1) bei: „Man mag sich zu Bruckners Kunstschaffen stellen, wie man will, auch diejenigen, welche sich nicht mit demselben befreunden können, werden zugeben müssen, daß aus seiner siebenten Symphonie ein genialer Künstler zu uns spricht. […] Wer ein solches Kunstwerk wie diesen Satz [Adagio] zu schaffen vermochte, der gehört zu den Unsterblichen.“ (Sittard im Hamburgischen Correspondent, zit. n. Göll.-A. 4/2, S. 417–420). Am 24.2.1886 antwortete Bruckner dankbar Sittard und berichtete vom Beifall, den diese Symphonie in Leipzig und München gefunden habe. Er betonte: „Das Scherzo muß sehr schnell sein; die Tempiwechslungen sind unerläßlich.“ (Briefe I, 860224). Am 24.3.1886 berichtete Bruckner Sittard über den Erfolg der Symphonie in Wien (21.3.1886) und Graz (14.3.1886) sowie über die Einschätzungen seiner Werke in den Wiener Zeitungen und Zeitschriften (Pressewesen zur Zeit Bruckners): Die Rezensenten von fünf Zeitungen seien gegen ihn, freundlich gesinnt seien sechs und die Musikzeitschriften (Briefe I, 860324).

Ein Kontakt zwischen Bruckner und Sittard erfolgte im April 1886 über Friedrich Eckstein, der im Auftrag Bruckners den Verleger Rättig bat, die Partituren der Dritten Symphonie und des Te Deum Sittard zuzusenden. Im selben Jahr trafen einander die beiden wahrscheinlich auch persönlich. Vermutlich erst im August 1889 drückte Bruckner in einem (bislang mit August 1886 datierten) Brief an Sittard sein Bedauern aus, den „genialen Gönner [in Bayreuth] nicht gesehen und gesprochen zu haben“ (Briefe I, 860800/2). Der daran anschließende Bericht über die neue und verbesserte Auflage seiner Richard Wagner gewidmeten Dritten Symphonie bei Rättig, welche 1890 erschien, lässt ebenfalls annehmen, dass dieser Schriftverkehr 1889 erfolgte.

Sittards Aufsatz Anton Bruckner und seine siebente Symphonie aus seinem dreibändigen Werk Studien und Charakteristiken (Bd. 2, S. 146–153) wurde am 16. und 23.3.1890 in der Linzer Zeitung (s. Lit.) nachgedruckt. Am 16.4.1892 und am 1.4.1893 erschienen noch überaus positive Rezensionen Sittards über Bruckners Te Deum im Hamburgischen Correspondent (Göll.-A. 4/3, S. 324ff.).

Schriften
  • Compendium der Geschichte der Kirchenmusik mit besonderer Berücksichtigung des kirchlichen Gesanges. Von Ambrosius zur Neuzeit. Stuttgart 1881
  • Die Musik-Instrumente auf der Hamburgischen Gewerbe- und Industrie-Ausstellung 1889. Altona 1889
  • Studien und Charakteristiken. 3 Bde. Hamburg 1889
  • Anton Bruckner und seine siebente Symphonie, in: Linzer Zeitung 16.3.1890, S. 287f.; 23.3.1890, S. 316f.
  • Geschichte des Musik- und Concertwesens in Hamburg vom 14. Jahrhundert bis auf die Gegenwart. Altona–Leipzig 1890
  • Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Württembergischen Hofe. Nach Originalquellen. 2 Bde. Stuttgart 1890–1891
  • Kritische Briefe über die Wiener internationale Musik- und Theater-Ausstellung. Hamburg 1892
Literatur

UWE HARTEN

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 11.7.2019

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Sittard, Josef (Joseph Heinrich): 118614819

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