Celibidache, Sergiu

* 11.7.1912 Roman/RO, † 14.8.1996 La Neuville-sur Essonne/F. Dirigent.

Nach mathematischen und philosophischen Studien in Iași, Bukarest und Paris studierte Celibidache ab 1936 in Berlin: Komposition bei Heinz Tiessen (1887–1971), Dirigieren bei Walter Gmeindl (1890–1958), Kontrapunkt bei Hugo Distler (1908–1942) und Musikwissenschaft bei Arnold Schering (1877–1941) und Georg Schünemann (1884–1945). Die Begegnung mit Wilhelm Furtwängler war für seinen Weg als Musiker ausschlaggebend. Als Furtwängler wegen Konflikten mit dem NS-Regime (Nationalsozialismus) für einige Zeit seine Ämter niederlegte, übernahm Celibidache an seiner Stelle die Leitung des Berliner Philharmonischen Orchesters. Nach dem Krieg setzte er seine Dirigenten-Laufbahn mit wachsendem Erfolg in Deutschland, England, Italien, Schweden, Dänemark, Frankreich und Südamerika fort. 1979 wurde er zum Chefdirigenten der Münchener Philharmoniker ernannt und behielt diese Position bis zu seinem Tod.

Celibidache war eine der eigenartigsten und eigensinnigsten Persönlichkeiten unter den Dirigenten seiner Epoche. Er stand in scharfem Gegensatz zur aktuellen Star-Verherrlichung und lehnte eine Karriere als Schallplatten-Dirigent ab. Dennoch sind zahlreiche Konzertaufführungen als Tondokumente erhalten geblieben. Er stellte die Symphonien Bruckners in das Zentrum seiner Wirksamkeit. Mit den Münchener Philharmonikern spielte er die Dritte bis Neunte Symphonie ein. Seine Wiedergaben zeichneten sich durch klangliche Opulenz, große Dimension und Vergeistigung aus. Die (zu?) langsamen Tempi des nach Ruhe und Ausgeglichenheit im Zen-Buddhismus suchenden Dirigenten führten oft zu (respektvollem) Kopfschütteln. Seiner Meinung nach ergab sich das Tempo zwingend aus dem Tonsatz und diente immer der Deutlichkeit (der Melodie und der Mittelstimmen). Obwohl sich Einwände gegen seine monumentalen, von breitem Tempo geprägten Gestaltungen erhoben – der Spannungsbogen konnte oft weder vom Orchester noch von den Sängern (z. B. beim Te Deum) gehalten werden (Cohrs, S. 36) –, kann kein Zweifel an seiner Geltung als einer der bedeutendsten Bruckner-Dirigenten bestehen.

Seinem Schüler Rémy Ballot lehrte Celibidache, das Tempo und die Spielart der Musik den Räumlichkeiten anzupassen, die Architektur also als Musik gestaltendes Element miteinzubeziehen. Bruckners Symphonien unter Ballot bei den Brucknertagen in der Stiftsbasilika St. Florian (Brucknerfeste und -feiern) sind Celibidaches Erbe.

Literatur

CLEMENS HÖSLINGER, ANDREA SINGER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 26.2.2020

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Normdaten (GND)

Celibidache, Sergiu: 118892762

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft