Aigner, Karl (Borromäus)
* 26.4.1863 Reichenau im Mühlkreis, Oberösterreich/A, † 30.9.1935 St. Florian, Oberösterreich/A. Sparkassenbuchhalter, Stiftsmusiker.
Seit dem 26.1.1903 verheiratet mit der Sparkassenbeamtentochter Maria Riepl (1882–?). In seiner Zeit als Sängerknabe im Stift St. Florian wurde seine musikalische Begabung vom Regens chori Ignaz Traumihler gefördert. Nach der musikalischen Ausbildung in Linz und St. Florian war er im Stift St. Florian tätig, wo er ab 1882 als Geigenlehrer und ab 1883 in der Nachfolge Traumihlers als Gesangslehrer wirkte. Außerdem war er Chormeister der Liedertafel und Leiter der Musikkapelle in St. Florian.
Fast 20 Jahre lang stand Aigner in engem Kontakt zu Bruckner. Er begleitete ihn auf Spaziergängen, zog ihm die Register an der Orgel und fertigte für ihn mehrere Abschriften seiner Werke an. Der letzte von Bruckner eigenhändig geschriebene Brief vom 7.10.1896 (Briefe II, 961007) war an seinen Bruder Ignaz Bruckner und an Aigner gerichtet.
Aigner erstellte einen Orgelauszug des Posaunensatzes des Offertoriums Afferentur (Stift St. Florian, Bruckner-Archiv, 20/52d) sowie im Juli 1896 eine Bearbeitung des Libera (WAB 22), in der er den 2. Sopran durch einen 2. Tenor ersetzte (Stift St. Florian, Bruckner-Archiv, 20/61). Bei Bruckners Begräbnis am 15.10.1896 wurde das Libera (WAB 22) vermutlich in dieser Bearbeitung aufgeführt.
Auf Wunsch von I. Bruckner erhielt Aigner aus dem Nachlass Bruckners das Autograf von Vexilla regis; ferner besaß Aigner die Autografe von Volkslied und Um Mitternacht (WAB 89) sowie Abschriften der Ersten, Vierten und Achten Symphonie. Diese Bruckner-Werke aus dem Besitz Aigners – außerdem Abschriften von „Des Dankes Wort sei mir vergönnt“ und Musikalischer Versuch – befinden sich seit den 1930er Jahren im Besitz der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek.
Möglicherweise befanden sich weitere, heute im Stift St. Florian aufbewahrte Manuskripte Bruckners zeitweilig in Aigners Besitz: Auf dem Partiturfragment des Requiems in d-Moll (WAB 39; Stift St. Florian, Bruckner-Archiv, 19/3) sowie den Autografen von „Heil, Vater! Dir zum hohen Feste“ und „Auf, Brüder, auf zur frohen Feier“ (Stift St. Florian, Bruckner-Archiv, 19/6a), Choral (WAB 12) „Dir Herr, dir will ich mich ergeben“ und Tantum ergo (WAB 43) (Stift St. Florian, Bruckner-Archiv, 20/29) und Das edle Herz (WAB 65) (Stift St. Florian, Bruckner-Archiv, 20/35) trug er seinen Namen mit Bleistift ein; das Autograf von Sternschnuppen (Stift St. Florian, Bruckner-Archiv, 19/2a) zeigt von fremder Hand die Bleistifteintragung „Aigner“.
Literatur
- Linzer Zeitung 17.10.1896, S. 1144
- Göll.-A.August Göllerich/Max Auer, Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild (Deutsche Musikbücherei 36–39). 4 Bde. (in 9 Teilbänden [1, 2/1–2, 3/1–2, 4/1–4]). Regensburg 1922–1937, unveränd. Nachdruck 1974 1–4/4
- Todesfälle, in: Linzer Volksblatt 1.10.1935, S. 3
- F[ranz] X[aver] M[üller], Musiklehrer Karl Aigner †, in: Linzer Volksblatt, Abendausgabe 2.10.1935, S. 10
- Leichenbegängnis, in: [Linzer] Tages-Post, Abendblatt 4.10.1935, S. 2
- Bruckner-Handbuch 1996Uwe Harten (Hg.), Anton Bruckner. Ein Handbuch. Salzburg–Wien 1996
- Briefe IIAndrea Harrandt/Otto Schneider (Hg.), Briefe von, an und über Anton Bruckner. Bd. II. 1887–1896 (NGA XXIV/2). Wien 2003
- Bruckner-Bestände des Stiftes St. Florian IElisabeth Maier/Renate Grasberger, Die Bruckner-Bestände des Stiftes St. Florian. Katalog. Teil 1: Das Bruckner-Archiv (Gruppe 1–12) (Wiener Bruckner-Studien 6/1). Wien 2014
- Bruckner-Bestände des Stiftes St. Florian IIElisabeth Maier/Renate Grasberger, Die Bruckner-Bestände des Stiftes St. Florian. Katalog. Teil 2: Das Bruckner-Archiv (Gruppe 13–23) (Wiener Bruckner-Studien 6/2). Wien 2015
- Taufbuch-Duplikat 1863 der Pfarre Reichenau im Mühlkreis, [pag. 3]
- Trauungsbuch-Duplikat 1903 der Pfarre St. Florian bei Linz, pag. 64