Festl, Adolf
* 31.10.1826 Sarau/Böhmen (Kyselov/CZ), † 9.3.1902 Urfahr, Oberösterreich/A. Lehrer, Organist, Chorleiter, Komponist.
Nach der Volksschule in Untermoldau (Dolní Vltavice/CZ) Sängerknabe im Stift Wilhering, dort erster Musikunterricht durch Stiftsorganist Josef Löfler, Unterricht in den Gymnasialfächern durch einige Patres. Wegen seiner musikalischen Begabung wollte ihm der Abt den Besuch des Konservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien ermöglichen, wozu seine Eltern aber nicht zustimmten. 1842–1844 besuchte er in Linz den Präparandenkurs, wo er von Johann August Dürrnberger in Harmonielehre, Generalbass und in der kirchenmusikalischen Praxis in der Minoritenkirche unterwiesen wurde; erste Kompositionen. Als Schulgehilfe in Aspach im Innviertel (ab 1844) konnte er seine musikalischen Fähigkeiten unter Beweis stellen, sodass man ihn als Organist am Salzburger Dom vorschlug. Er folgte allerdings der Zusicherung des Wilheringer Abtes, demnächst als Oberlehrer und Stiftsorganist angestellt zu werden. 1848–1861 wirkte er als Lehrer und Organist in Wilhering. Als Stiftsorganist war er auch Leiter der Kirchenmusik. Das von ihm angelegte thematische Musikalienverzeichnis, die von ihm kopierten Werke und die Aufführungsvermerke zeigen, dass er Werke von der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart pflegte. Nebenbei bildete er sich weiter, studierte Kontrapunkt nach Simon Sechter, die Kompositionslehre nach Anton Reicha (1770–1836) u. a. Dazu bewog ihn vermutlich auch der Kontakt mit seinem ehemaligen Musiklehrer Löfler, mit dem Linzer Domorganisten Wenzel Pranghofer und mit dem Hörschinger Lehrer Johann Baptist Weiß. Auch sein Freund Bruckner könnte ihm Anregungen für sein musikalisches Wirken und Schaffen gegeben haben. 1861–1886 war Festl Leiter der Volksschule Oberneukirchen und Organist. Als Pfarrvikar wirkte hier ab 1878 Hugo Dürrnberger, Sohn des J. A. Dürrnberger, der auch komponierte. Festl spielte mehrere Instrumente und gründete in den 1860er Jahren eine Blasmusikgruppe, aus der später die Musikkapelle Oberneukirchen hervorging. Für diese komponierte er einige Märsche. Sein kirchenmusikalisches Wirken in Oberneukirchen ist durch zahlreiche Abschriften belegt, die er später teilweise dem Stift Wilhering und dem Alten Dom in Linz übergab. Im August 1886 trat er in den Ruhestand. Seine Pensionsjahre verbrachte er in Urfahr (heute Stadtteil von Linz). Für seine vielfältigen Verdienste in der Schule und in der Musikpflege wurde er mit dem Silbernen Verdienstkreuz mit der Krone ausgezeichnet.
Als Komponist genoss er allgemein Ansehen. Einige seiner Werke gab Johann Evangelist Habert in seiner Zeitschrift für katholische Kirchenmusik heraus. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum Linzer Diözesanjubiläum (1.10.1885) wurden auch Werke Festls aufgeführt.
Der Kontakt mit Bruckner könnte schon an der Linzer Normalhauptschule entstanden sein. Bekannt ist eine Anekdote, die von einem geplanten gemeinsamen Ausflug der beiden Stiftsorganisten aus St. Florian und Wilhering in den Kürnbergerwald erzählt. Bruckner schätzte Festl auch als Komponist. So kündigte er in einem Brief an Rudolf Weinwurm an, dass Festl ihm „einmal eine Messe für Männergesang schicken [werde]; durchsehe sie, u[nd] wenn selbe würdig ist, laß sie empfohlen sein; er ist sonst ganz geschickt!“ (Briefe I, 620907). Bruckner besuchte ihn mehrmals in Oberneukirchen, wo er auch an der am 14.8.1886 für Festl veranstalteten Abschiedsfeier teilnahm.
Festls älterer Bruder Franz Xaver (* 10.6.1821 Sarau, † 14.4.1904 Aigen im Mühlkreis, Oberösterreich/A) erhielt sein Lehrergehilfen-Zeugnis 1839. Eine Bekanntschaft mit Bruckner während dessen Linzer Ausbildungszeit – er absolvierte die Lehrerausbildung von Oktober 1840 bis August 1841 – ist daher nicht möglich. Eine spätere Begegnung bei Bruckners Besuchen in Oberneukirchen ist denkbar.
Werke
- Kirchenmusik
- Orgelwerke
- Märsche
- Lieder
Literatur
- J[ohann] E[vangelist] H[abert], Adolf Festl, in: Zeitschrift für katholische Kirchenmusik 4 (1871) Nr. 12, S. 95f.
- Joseph Gabler, Die Tonkunst in der Kirche. Kirchenmusikalische Excurse in sechs Büchern. Linz 1883, S. 204
- Alois Hartl, Johannes Ev. Habert. Organist in Gmunden. Ein Lebensbild. Wien 1900, S. 474
- Ferdinand Krackowizer/Franz Berger, Biographisches Lexikon des Landes Österreich ob der Enns. Gelehrte, Schriftsteller und Künstler Oberösterreichs seit 1800. Passau–Linz 1931, S. 63f.
- Max Auer, Anton Bruckner. Sein Leben und Werk. 3. vollst. neu bearb. Aufl. Leipzig 1941, bes. S. 190
- M[ittermayer Josef], In Oberneukirchen wirkte ein Freund Bruckners, in: Mühlviertler Bote 21 (1966) Nr. 3, S. 5
- Johannes Unfried, Kirchenmusiker in und aus Oberösterreich, in: Singende Kirche 15 (1967/68), S. 188–196, bes. S. 190
- Karl Mitterschiffthaler, Das Notenarchiv der Musiksammlung im Zisterzienserstift Wilhering (Tabulae musicae Austriacae 9). Wien 1979, S. 21
- Josef Mittermayer, Oberneukirchner Schulgeschichte, in: OÖ. HeimatblätterOberösterreichische Heimatblätter. Linz 1947ff. 36 (1982) H. 1/2, S. 103–125, bes. S. 108f.
- Wolfgang Kreuzhuber, Orgeln und Orgelbau in Oberösterreich im 19. Jahrhundert, in: Bruckner-Symposion 1990Othmar Wessely (Hg.), Bruckner-Symposion. Musikstadt Linz – Musikland Oberösterreich. Im Rahmen des Internationalen Brucknerfestes Linz 1990. 19.–23. September 1990. Bericht. Linz 1993, S. 161–178, bes. S. 177f.
- Karl Mitterschiffthaler, Round Table II: Musik im Zisterzienserstift Wilhering. Ein Überblick, in: Bruckner-Symposion 1990Othmar Wessely (Hg.), Bruckner-Symposion. Musikstadt Linz – Musikland Oberösterreich. Im Rahmen des Internationalen Brucknerfestes Linz 1990. 19.–23. September 1990. Bericht. Linz 1993, S. 199–204, bes. S. 203f.
- Karl Mitterschiffthaler, Die Musikpflege im Zisterzienserstift Wilhering unter besonderer Berücksichtigung der Choralpflege. Diss. Wien 1995, S. 9, 12, 14, 211–214, 221f., 229, 231, 234–236, 238, 240, 247, 249f., 252f., 270
- Briefe IAndrea Harrandt/Otto Schneider (Hg.), Briefe von, an und über Anton Bruckner. Bd. I. 1852–1886 (NGA XXIV/1). 2., rev. und verbesserte Aufl. Wien 2009
- Klaus Petermayr, Franz Festl, ein Schulkollege Bruckners?, in: ABIL-MitteilungenABIL-Mitteilungen. Hg. v. Anton Bruckner Institut Linz. Linz 2008ff. Nr. 5 (Juni 2010), S. 8f.
- ABCD
- Klaus Petermayr/Christian Fastl, Art. „Festl, Brüder“, in: www.musiklexikon.ac.at [26.2.2020]