Weiß, Johann Baptist

* 14.5.1813 Hörsching, Oberösterreich/A, † 10.7.1850 Hörsching (Suizid). Lehrer, Kirchenmusiker, Komponist.

Neuntes Kind des Hörschinger Schulmeisters Joseph Weiß (* 27.9.1772 Hörsching, † 8.9.1850 Hörsching) und dessen Frau Josepha, geb. Bruckner (* 27.12.1785 Ansfelden, † 17.9.1826 Hörsching), einer Schwester von Bruckners Vater (Bruckner, Familie). Älterer Cousin, Firmpate, Freund und Lehrer Bruckners. Weiß absolvierte den Präparandenkurs (Abschluss am 25.6.1830) und vermutlich auch Franz Xaver Glöggls (1764–1839) Privatmusikschule in Linz. Der Überlieferung zufolge soll er bald als einer der besten oberösterreichischen Musiker seiner Zeit gegolten haben, was ebenso, allerdings eine Generation früher, von seinem Onkel Anton Weiß (1777–1822), dem Organisten des Stiftes Wilhering, behauptet wurde. Ob dies tatsächlich zugetroffen hat oder nur Legende ist, muss unbeantwortet bleiben. Betrachtet man Weiß‘ Können aber unter dem Blickwinkel des Lehrerstandes, entpuppt er sich als durchaus fleißiger und gewandter Komponist, auch wenn sein Œuvre außerhalb Hörschings kaum verbreitet gewesen sein dürfte. Bislang sind von ihm 68 Werke bekannt. Sein Libera me in f‑Moll gilt als direktes Vorbild für Bruckners F‑Dur Libera (WAB 21). Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ist Weiß auch der Autor des früher Bruckner zugeschriebenen Requiems (WAB 133; Incerta und Falsa).

Weiß‘ musikalische Fähigkeiten waren hinsichtlich seiner Kenntnis sowohl des spätbarocken (Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel [1685–1759], Johann Georg Albrechtsberger) als auch des klassischen Repertoires (Joseph und Michael Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart) überdurchschnittlich. Er unterrichtete Bruckner in Hörsching vom Spätsommer 1835 bis zum Herbst 1836 in den Anfangsgründen des Orgel‑ und Generalbassspiels. Ergebnis dieses Unterrichts war wohl Bruckners erste kleine Komposition, das Pange lingua (WAB 31). Die Authentizität von fünf kleinen Präludien für Orgel, die Bruckner bislang zugeschrieben wurden (Präludien für Orgel in Es-Dur [WAB 127/1–3 und 128/1–4]) und aus eben dieser Zeit stammen sollten, wird von Forschern zu Recht angezweifelt. Weiß‘ große Bedeutung liegt aber vor allem darin, dass er wohl als erstes musikalisches Vorbild Bruckners gelten kann, der ihn dahingehend bestärkte, sich auch künftig mit der Komposition zu beschäftigen. Mit der schweren Erkrankung des Vaters fand die Hörschinger Lehrzeit Bruckners ein jähes Ende, doch die Kontakte zu seinem Cousin blieben bestehen. 1848 etwa bestritt er mit diesem und Anton Kattinger ein Orgelwettspiel in St. Florian.

Bruckner gedachte seines Vetters zeitlebens in Dankbarkeit, aber auch in Trauer: Mit knapp 37 Jahren verübte der Hörschinger Organist und Lehrer auf dem Friedhof seines Heimatortes Selbstmord durch Erschießen, da man ihm fälschlicherweise einen Fehlbetrag in einer übernommenen Vereinskasse zur Last legte.

Der Hörschinger Pfarrer Ernest Lanninger (1842–1920) publizierte 1904 Weiß‘ Es‑Dur Requiem, was diesem zu neuer Beliebtheit und vielen Aufführungen in Ober‑ und Niederösterreich verhalf. Vom Anton Bruckner Institut Linz (ABIL) mitinitiierte Konzerte und eine CD‑Produktion ermöglichten in jüngster Zeit zumindest in Oberösterreich die Wiederbelebung seiner Werke.

Werke
  • 4 Requien, 2 Messen
  • kleinere Kirchenmusikalien und Orgelstücke
Literatur

ELISABETH MAIER, KLAUS PETERMAYR

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 19.4.2021

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Normdaten (GND)

Weiß, Johann Baptist: 1016240309

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft