Habert, Johann Evangelist

* 18.10.1833 Oberplan/Böhmen (Horní Planá/CZ), † 1.9.1896 Gmunden, Oberösterreich/A. Komponist, Organist, Musikschriftsteller, Musiktheoretiker, Pädagoge.

1848–1852 Ausbildung an der Präparandie in Linz; 1852 Unterlehrer in Naarn an der Donau, ab 1857 in Waizenkirchen. Seit Ende 1860 Stadtpfarrorganist in Gmunden. 1868 Gründung der Gesellschaft der Musikfreunde Gmunden (Musikverein), ab 1878 Regens chori. 1894 Mitglied des Päpstlichen Ritterordens vom heiligen Gregor dem Großen. Zu seinen Schülern zählten Josef Labor (1842–1924), Franz Xaver Müller sowie in Form von „Unterrichtsbriefen“ Josef Gruber und Ferruccio Busoni (1866–1924). Als Autodidakt entwickelte sich Habert zu einem der führenden Komponisten seiner Zeit auf dem Gebiet der katholischen Kirchenmusik. Besonders geschätzt wurden seine Orgelwerke.

Nachdem im 19. Jahrhundert die Diskussion über eine Erneuerung der Kirchenmusik (Cäcilianismus) entbrannt war, forderte der von Franz Xaver Witt 1868 gegründete Allgemeine Deutsche Cäcilien-Verein (ACV) den Ausschluss des Weltlichen aus der Kirchenmusik und eine Rückbesinnung auf die Vokalpolyphonie des 15. und 16. Jahrhunderts, insbesondere auf das Schaffen Giovanni Pierluigi da Palestrinas. In Österreich gab es viele Stimmen, die sich für einen Mittelweg zwischen liturgisch korrekter und künstlerisch wertvoller Kirchenmusik aussprachen und das theologische Anliegen weniger strikt auslegten. Am vehementesten trat hier der radikalen Ausrichtung des ACV Habert entgegen. Als Praktiker ging er in seinen Reformideen von der spezifisch österreichischen Situation aus, trat für die instrumental begleitete Kirchenmusik ein und lehnte die bloße Nachahmung des Palestrina-Stils ab.

1868 rief Habert die Zeitschrift für katholische Kirchenmusik ins Leben, die er mit Unterbrechungen bis 1883 redigierte. In seinen Schriften bezeichnete er die Kirchenkompositionen des ACV als „Schülerarbeiten“ und „Katalogmusik“. 1871 erfolgte Haberts Gegengründung zum ACV; mit dem Österreichischen Cäcilien-Verein (ÖCV) handelte er sich eine erbitterte Gegnerschaft des deutschen Vereins ein, der in Oberösterreich u. a. durch Ignaz Traumihler vertreten wurde. Die von beiden Seiten äußerst polemisch geführte Auseinandersetzung um die Kirchenmusik führte Ende 1872 zur Einstellung von Haberts Zeitschrift und Vereinstätigkeit. 1875/76 folgte die Gründung des Oberösterreichischen Diözesan-Cäcilien-Vereins (OÖCV), als dessen Organ Haberts Zeitschrift 1877 wieder aufgenommen wurde. In diesem Jahr kam auch seine Schrift Der deutsche Cäcilien-Verein heraus, in der er seine Kritik an der „strengen“ Reform deutlich zum Ausdruck brachte. Seine Bemühungen, die gemäßigte österreichische Linie auf eine größere organisatorische Basis zu stellen, blieben letztlich vergeblich.

Berührungspunkte zwischen Habert und Bruckner gibt es nur wenige. Habert kannte natürlich Bruckner und nahm an dessen Erfolgen als Orgelvirtuose und Komponist „warmen Antheil“ (Hartl, S. 96). Bruckner benützte bei seiner Lehrtätigkeit am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien u. a. die Orgelschule von Habert und äußerte sich auch „mit der größten Anerkennung“ (zit. n. Moser 1976, S. 83) lobend über dessen Stabat mater, welches Bruckner 1877 anlässlich des Hochamtes zum 105. Jahrestag der berühmten Chrismann-Orgel in Steyr spielte.

Zumindest ein persönliches Treffen wird von Haberts Tochter Maria bestätigt. Demnach kam Bruckner zusammen mit Karl Zappe zu Habert in dessen Gmundner Wohnung. Die „vermutlich musikalischen Gespräche“ (Zappe, S. 147) wurden dann im Gasthof „Zur Sonne“ weitergeführt. Belegbar sind auch zwei musikalische Zusammentreffen in Linz, so 1878 anlässlich des 25-jährigen Bischofsjubiläums von Franz Joseph Rudigier sowie 1885 beim 100-jährigen Diözesanjubiläum, bei denen u. a. Werke der beiden Komponisten zu Gehör kamen.

Anlässlich Bruckners 70. Geburtstages publizierte Habert 1894 eine Besprechung von dessen Messe in e-Moll, die 1869 am Bauplatz des Neuen Domes erstmals in Linz erklungen war. Die von Habert verfassten Zeilen waren dazu gedacht, um „den greisen Meister an diesen Erfolg, an diesen Ehrentag [zu] erinnern und ihm nochmals Freude [zu] bereiten; sie sollen aber auch den Anstoß geben zu einer Aufführung in Wien, wo die Messe unbekannt ist“ (Besprechung in der Musikalischen Rundschau 1.9.1894, S. 110f.; zit. n. Moser 1976, S. 86).

Bruckner achtete Habert und ließ dies auch von seinem Schüler Josef Vockner in einem Brief, wahrscheinlich im Sommer 1892 verfasst, bekunden: „Bruckner ersuchte mich, dir zu sagen, daß er dich sehr hoch schätzt und er nur das Beste über dich spricht.“ (zit. n. Moser 1976, S. 85). Jedoch war es zuvor zu einer Trübung der Beziehung gekommen, wie Bruckner am 18.8.1890 an Bernhard Deubler schrieb: „Über H Habert u noch einen Zweiten hat man mir recht Kränkendes erzä[h]lt, so d[a]ß ich froh bin, nicht zusammen zu treffen.“ (Briefe II, 900818). In den letzten Lebensjahren war die Beziehung auch aus einem anderen Grund belastet: Habert war darüber verbittert, dass seine Hoffnung auf die Erlangung eines Lektorats an der Universität Wien durch Bruckner zunichte gemacht wurde. In einem Brief vom 10.11.1895 an seinen Freund Josef Battlogg (1836–1900) schrieb er diesbezüglich: „Bruckner hat die Vorlesungen auf der Universität wieder angekündigt; wie ich aber erfuhr, ist er wieder sehr krank (Wassersucht). Solange er activ ist, ist eben der Platz nicht frei, den man mir vermeinte.“ (zit. n. Moser 1976, S. 85).

Nachdem Bruckner und Habert 1896 verstorben waren, beschloss der Oberösterreichische Landtag am 23.2.1897, dass die durch Bruckners Tod freigewordene Ehrengabe des Landes als lebenslange Subvention von jährlich 300 Gulden der Witwe Haberts sowie deren Kindern (30 Gulden) zugesprochen werden soll (Moser 1996, S. 315).

Werke
  • Kirchenmusik: u. a. 30 Messen, 3 Requien, Gradualien, Offertorien, 22 Litaneien, Te Deum, 16 Magnificate, Vesperpsalmen
  • Motetten
  • Kammermusik
  • Klavier- und Orgelwerke
  • (Hg.), Alte und neue katholische Gesänge. Für den öffentlichen Gottesdienst und zur häuslichen Erbauung für die Jugend und für Erwachsene. Linz 1867
  • Praktische Orgelschule op. 16. Leipzig 1871
  • Chor-Gesangschule op. 22. Linz 1882
Schriften
  • Der deutsche Cäcilien-Verein nach der Natur gezeichnet. Leipzig 1877
  • Beiträge zur Lehre von der musikalischen Composition. Leipzig 1899
Literatur

SANDRA FÖGER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 26.2.2020

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Normdaten (GND)

Habert, Johann Evangelist: 11894049X

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