Hirschfeld, Robert (Leo; Pseud. L. A. Terne)

* 17.9.1857 Großmeseritsch/Mähren (Velké Meziříčí/CZ), † 2.4.1914 Salzburg, Salzburg/A. Musikkritiker, Pädagoge.

Sohn des Rabbiners Moritz Hirschfeld und dessen Frau Rosalia, geb. Schwerin. 1878–1880 Ausbildung am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. An der Universität Wien Studium der Rechtswissenschaften sowie Musikwissenschaft bei Eduard Hanslick und Guido Adler, Dr. phil. 1883. Neben seiner Lehre (Ästhetik der Tonkunst) am Konservatorium (1881–1899) wandte sich Hirschfeld der publizistischen Tätigkeit zu, zunächst in verschiedenen Tagesblättern, doch ab 1884 vorwiegend für die Tageszeitung Die Presse, als Nachfolger des 1882 verstorbenen Kritikers Eduard Schelle (1814–1882). Seine wichtigste Position erreichte er als Musikkritiker der Wiener Abendpost (Beilage zur Wiener Zeitung). Nach Johann Paumgartners Tod (1896) übernahm er das gesamte Musikreferat der Wiener Zeitung.

Vor seiner Heirat mit der Sopranistin Emma Karlona (eigentl. Emilie Karfunkel; * 20.12.1868 Berlin/D, † 1942 [Ort?]) am 8.7.1894 trat er zum Protestantismus über (evangelisch getauft am 5.7.1894). Der Ehe entstammte ein Sohn namens Franz (* 27.7.1896 Wien/A, † ?).

Hirschfeld war ab 1898 Kommissionsmitglied der Denkmäler der Tonkunst in Österreich. Sein Einsatz für alt-italienische Chormusik (in den von ihm geleiteten „Renaissance-Abenden“) wurde mit der Ehrenmitgliedschaft der Accademia di Santa Cecilia in Rom belohnt. Hirschfeld vertrat als Musikkritiker eine Richtung, die sich strikt gegen die von Hanslick vertretene Musik-Anschauung stellte. 1885 veröffentlichte er eine Streitschrift über Das kritische Verfahren Eduard Hanslick‘s. Im Jahr 1913 wurde er als fachlicher und künstlerischer Beirat des Mozarteums nach Salzburg berufen, starb aber bald nach dieser Ernennung. Hirschfeld war der erste Wiener Musikkritiker, der eine musikwissenschaftliche Ausbildung vorweisen konnte.

Obwohl Hirschfeld kritische Einwände gegen Bruckners Kompositionsweise (vor allem gegen die Überlänge mancher Symphonie-Sätze) vorbrachte, war er doch einer der wenigen Wiener Kritiker, die Bruckners Bedeutung voll erkannten. Theodor Helm machte Bruckner auf eine Hirschfeld-Analyse der Dritten Symphonie aufmerksam und attestierte dem Kritiker „viel Sachkenntniß u. guten Willen“ (Briefe II, 910217). In einem scharfen Artikel prangerte Hirschfeld die gehässigen Presse-Kommentare zu Bruckners Tod an. Er vertrat darin die Überzeugung: „Bruckners Zeit wird aber sicher kommen. […] Wie jedem Zukunftsmenschen waren Bruckner Dinge eigen, die ihm nicht seine Zeit zuführte, die ihn vielmehr gegen seine Zeit stellten.“ (Wiener Abendpost 21.11.1896, S. 5). Später wurde Hirschfeld zu einem der erbittertsten Kritiker und Gegner des Komponisten Gustav Mahler.

Werke
  • Marienbader Brunnengeister. Polka schnell für Pianoforte. Wien o. J.
  • (Übers.), Zwei geistliche Altniederländische Volkslieder. Leipzig–Wien o. J.
  • (Hg.), Heitere und ernste Chöre aus der Blütezeit des a cappella-Gesanges. Leipzig o. J.
  • Bearbeitungen von Werken von Joseph Haydn (Lo speziale), Wolfgang Amadeus Mozart (Zaide), Franz Schubert (Der vierjährige Posten), u. a.
Schriften
  • Johann de Muris und seine Werke. Diss. Wien 1884
  • Das kritische Verfahren Eduard Hanslick’s. Wien 1885
  • Anton Bruckner †, in: Wiener Abendpost, Beilage zur Wiener Zeitung 12.10.1896, S. 6
  • Feuilleton. Musik. (Anton Bruckner – Philharmoniker – Erstes Gesellschaftsconcert), in: Wiener Abendpost, Beilage zur Wiener Zeitung 21.11.1896, S. 5f.
  • Geschichte der k. k. Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Bd. 2: 1870–1912. Wien 1912
Literatur
  • Elisabeth Riz, Robert Hirschfeld. Leben – Wirken – Bedeutung. Dipl.arb. Wien 1989
  • Andreas Lindner, Das Schaffen Anton Bruckners im Blickwinkel von Robert Hirschfeld (1857–1914), in: ABIL-MitteilungenABIL-Mitteilungen. Hg. v. Anton Bruckner Institut Linz. Linz 2008ff. Nr. 3 (Juni 2009), S. 6ff.
  • www.demos.ac.at [15.1.2020]
  • Uwe Harten, Art. „Hirschfeld, Robert (Pseud. L. A. Terne)“, in: www.musiklexikon.ac.at [15.1.2020]
  • Taufbuch 1891–1895 der Reformierten Stadtkirche H. B. (Wien I), fol. 180
  • Trauungsbuch 1889–1901 der Reformierten Stadtkirche H. B. (Wien I), fol. 107
  • Taufbuch 1895–1899 der Reformierten Stadtkirche H. B. (Wien I), fol. 111

CLEMENS HÖSLINGER, ANDREA SINGER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 3.8.2020

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Hirschfeld, Robert (Leo): 119060620

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