Lienau (Verlag)

1863 trat Robert Emil Lienau (* 28.12.1838 Neustadt in Holstein, Schleswig-Holstein/D, † 22.7.1920 Neustadt in Holstein) in die 1810 gegründete Buch- und Musikalienhandlung Schlesinger in Berlin ein, die er 1864 kaufte, jedoch den traditionellen Namen weiterführte: „Schlesinger‘sche Buch- und Musikalienhandlung (Rob. Lienau)“. 1875 gelang ihm der Erwerb der Wiener Firma Haslinger, deren attraktives Verlagsprogramm (Ludwig van Beethoven, Louis Spohr [1784–1859], Vater [1804–1849] und Sohn Johann Strauss, Franz Liszt etc.) den Katalog deutlich erweiterte. Um seine Rechte zu wahren, engagierte sich Lienau aktiv für den Urheberschutz und zählt zu den Initiatoren der GEMA. 1898 zog sich Lienau aus dem aktiven Geschäft zurück; die Leitung hatte er schon 1897 an seinen Sohn Robert Heinrich (* 27.7.1866 Neustadt in Holstein, † 8.11.1949 Berlin/D) übergeben; der jüngere Sohn Friedrich Wilhelm (* 6.1.1876 Berlin, † 15.11.1973 Wien/A) übernahm die Leitung des unter dem Namen Haslinger in Wien geführten Firmenteils. 1910 erfolgte die Eingliederung des Verlags von Rättig, 1919 von Krentzlin (Berlin). 1938 trennten die Brüder den Verlag: Die Firma Haslinger wurde von Friedrich Wilhelm als Alleininhaber weitergeführt, das Berliner Haus von Robert Heinrich. 1991 wurde der Verlag aus dem Familienbesitz an den Musikverlag Zimmermann in Frankfurt am Main verkauft; unter dem Traditionsnamen „Robert Lienau Musikverlag“ mit Sitz in Frankfurt am Main besteht der Verlag bis heute.

Zu einer engeren Kooperation mit Bruckner kam es bei der Drucklegung der Achten Symphonie. Nachdem Kaiser Franz Joseph I. die Widmung der Achten Symphonie angenommen hatte (Widmungsträger), wollte Bruckner die Symphonie unbedingt bei einem ausländischen Verlag publizieren, da er sich dort höhere Honorare erhoffte: „(Wien ist ausgeschlossen, da ich schon drei Sinfonien u das Quintett ganz umsonst weggeben habe.) NB Fürs Te Deum 50 fl [Gulden] bekommen“ (Bruckner an Hermann Levi, Briefe II, 900428). Über den Wiener Akademischen Wagner-Verein und Levi hoffte er auf eine Kooperation mit Schott in Mainz, die sich – wie auch schon beim Versuch der Drucklegung der Vierten Symphonie 1886 (vgl. dazu Bruckner an Levi, Briefe I, 860604, und an den Verlag Schott, Briefe I, 860703/1) – letztlich nicht erfüllen ließ. Auch ein von Siegfried Ochs eingefädeltes Arrangement mit dem Berliner Verlag Raabe & Plothow wurde nicht weiter verfolgt, da diese 1.200 fl Druckkostenzuschuss verlangten, Bruckner aber den Kaiser nicht für „seine“ Symphonie zahlen lassen wollte (Bruckner an Felix Weingartner, Briefe II, 910127/2). Doch der Kaiser hatte seiner Nichte Amalie in Bayern ohnehin bereits eine Unterstützung der Drucklegung in der Höhe von 1.500 fl zugesagt, die letztlich die Drucklegung ermöglichte. Obwohl die Achte Symphonie schließlich 1892 bei Schlesinger-Lienau in Kooperation mit Haslinger erschien, scheint Rättig in diesem Fall nicht eingebunden gewesen zu sein (vgl. dazu auch den Brief Robert Heinrich Lienaus an Bruckner, Briefe II, 930110).

Literatur

ELISABETH TH. HILSCHER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 1.9.2017

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