Hynais, Cyrill
* 19.3.1862 Wien/A, † 20.12.1913 Wien. Lehrer, Komponist und Musikschriftsteller.
Sohn eines Schneidermeisters. Auf Anregung Josef Schalks wurde er Schüler von Bruckner, bei dem er am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien 1883–1885 Kontrapunkt studierte (Klavier bei Julius Epstein). Am 15.8.1899 ehelichte er die Tochter eines Metallgießers, Hermine Pergelt (1878–1958); mit ihr hatte er die Kinder Hermine Hedwig (1899–1976) und Richard Franz Cyrill (1902–1978).
Als Mitglied des Wiener Akademischen Wagner-Vereins und Leiter dessen Vereinschores wirkte Hynais – gemeinsam mit Victor Bause – auch bei einigen Aufführungen des 1890 gegründeten Neuen Richard Wagner-Vereins mit. Beruflich konnte er nicht recht Fuß fassen, obwohl Bruckner ihn für einen Lehrerposten am Konservatorium empfahl. 1886–1890 war Hynais in Klagenfurt, wo er beim Musikverein für Kärnten und als Klavierlehrer wirkte. Er bewarb sich – jeweils vergeblich – beim Brünner sowie beim Steiermärkischen Musikverein und dirigierte den Evangelischen Singverein und 1911 einmal das Wiener Tonkünstler-Orchester.
Hynais genoss Bruckners Vertrauen und wurde von ihm mit der Redaktion der Sechsten Symphonie betraut. Im Zuge der Drucklegung der Sechsten war Hynais auch als Kopist für Bruckner tätig und fertigte den 1. Satz jener Partitur-Abschrift an, die als Stichvorlage diente. Auch für den 1. Satz der Neunten Symphonie zeigt sich Hynais – und nicht wie bisher vermutet Anton Meißner – als Kopist verantwortlich. Wie auch Meißner war Hynais in die Kompositionsarbeiten zur Neunten mit eingebunden, indem er die autografen Partiturbogen mit Instrumentenbezeichnungen (Orchester und Instrumente zur Zeit Bruckners), Vorzeichen und Taktstrichen versah sowie Papierstapel vorbereitete (Cohrs 2001, S. XIVf.).
Weiters erstellte er von Psalm 150 (Briefe II, 920811, 920818/2, 920906/1), Helgoland (Briefe II, 930928), der Messe in e‑Moll sowie von der Vierten und der Siebenten Symphonie erleichterte Klavierauszüge (Bearbeitungen). Hynais fuhr auch öfter mit Bruckner nach Klosterneuburg (u. a. am 4.6.1885 und 24.7.1892). Gemeinsam mit Franz Marschner begleitete er ihn zum Begräbnis von Hans Rott. Im Testament Bruckners unterschrieb er, gemeinsam mit Ferdinand Löwe und Theodor Reisch, als Zeuge.
Werke
- Kammermusik (Streichquartett in E-Dur, Sonate für Violine und Klavier)
- Klavierstücke (Klaviertrio 1887/88, Präludien, Fugen)
- Chorwerke
- Skizzen zu einer Oper Andreas Hofer
Schriften
- Vorstudien zu einem Lehrbuch der Harmonielehre
- Ein unbekannter Symphoniesatz von Anton Bruckner, in: Signale für die musikalische Welt 71 (1913) H. 43, S. 1561ff.
Literatur
- Josef Wolfgang Dobernig (Hg.), Der Klagenfurter Männergesangverein. Chronik der Jahre 1847 bis 1897 zum fünfzigjährigen Jubiläum. Klagenfurt 1897, S. 63f.
- Todesfälle, in: Neue Freie Presse 23.12.1913, S. 10
- Gustav Mayer, Cyrill Hynais †, in: Musikpädagogische Zeitschrift 4 (1914) H. 2, S. 37f.
- Göll.-A.August Göllerich/Max Auer, Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild (Deutsche Musikbücherei 36–39). 4 Bde. (in 9 Teilbänden [1, 2/1–2, 3/1–2, 4/1–4]). Regensburg 1922–1937, unveränd. Nachdruck 1974 4/1–3
- Benjamin Gunnar Cohrs, Vorwort, in: Revisionsbericht zu NGAAnton Bruckner. Sämtliche Werke. Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. der Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek und der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Wien 1951ff. (Editionsleitung: Leopold Nowak, auch als Neue Gesamtausgabe bezeichnet) IX (2001)
- Briefe IIAndrea Harrandt/Otto Schneider (Hg.), Briefe von, an und über Anton Bruckner. Bd. II. 1887–1896 (NGA XXIV/2). Wien 2003
- www.friedhoefewien.at/grabsuche_de [15.1.2021]
- Taufbuch 1899 der Pfarre St. Florian (Wien V), fol. 187
- Taufbuch 1902 der Pfarre St. Florian (Wien V), fol. 73