Abendroth, Hermann (Paul Maximilian)
* 19.1.1883 Frankfurt am Main, Hessen/D, † 29.5.1956 Jena, Thüringen/D. Dirigent.
Nach Ausbildung in Musiktheorie und Komposition durch Ludwig Thuille (1861–1907) und Dirigieren durch Felix Mottl in München begann Abendroth im Jahr 1903 seine Laufbahn als Kapellmeister, zunächst als Dirigent des Münchener Orchestervereins, 1905 wurde er nach Lübeck, 1911 nach Essen berufen. 1914 kam er nach Köln, wo er als Nachfolger von Fritz Steinbach (1855–1916) die Leitung des Gürzenich-Orchesters und ‑Chors übernahm (1918 Generalmusikdirektor). Nach dem Ersten Weltkrieg entfaltete er eine weitreichende Tätigkeit als Orchesterdirigent und musikalischer Erzieher. 1933 übernahm er – anstelle des entlassenen Walter Braunfels (1882–1954) – die Leitung des Kölner Konservatoriums. Im NS-Regime (Nationalsozialismus) erlangte Abendroth hohe Funktionen im deutschen Musikleben. 1934–1945 wurde ihm die Direktion des Leipziger Gewandhausorchesters (anstelle des ebenfalls entlassenen Bruno Walter) übertragen, wo er die Bruckner-Tradition fortsetzte. Nach Ende der NS-Jahre verlegte er seine Tätigkeit in die Deutsche Demokratische Republik (DDR), wo er das Musikleben in Weimar neu aufbaute und die Leitung des Deutschen Nationaltheaters sowie der Hochschule für Musik übernahm. Ab 1949 hatte er die Direktion des Rundfunk-Sinfonie-Orchesters Leipzig inne, ab 1954 jene des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin. In der DDR erhielt er hohe Auszeichnungen und Ehrungen (u. a. Ernennung zum Staatsrat und zum Ehrensenator der Universität Jena).
Abendroths Bedeutung liegt in erster Linie in seinem Wirken im Konzertbereich, obwohl er auch als Operndirigent hervorgetreten ist. 1943/44 leitete er Aufführungen von Richard Wagners Die Meistersinger von Nürnberg in Bayreuth. Abendroth war der Prototyp des deutschen Musikers, der sich mit Hingabe und Ehrfurcht dem Erbe der Klassik und der Romantik widmete. Zu seinen Favoriten zählten die Werke Bruckners, die er in „weihevoller Größe“ erstehen ließ. Für Bruckner setze sich Abendroth bereits bei den Niederrheinischen Musikfesten ein, wo u. a. der Psalm 150 (1915), die Achte Symphonie (1920), die Messe in e‑Moll (1921), die Dritte (1921), die Vierte Symphonie (1930), die Messe in d‑Moll (1934) und die Messe in f‑Moll (1936) aufgeführt wurden. Beim V. Brucknerfest der Internationalen Bruckner-Gesellschaft in Freiburg dirigierte er die Erste und Achte Symphonie. Seine Wiedergaben der Bruckner-Symphonien mit dem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Leipzig sind als Tondokumente erhalten geblieben.
Literatur
- SL (Karl Laux), Abendroth, Hermann, in: MGG²Ludwig Finscher (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. 29 Bde. (Sach- und Personenteil). 2. neubearb. Ausgabe. Kassel u. a. 1994–2008 1 (1999), Sp. 39
- Fred K. Prieberg, Handbuch deutscher Musiker 1933–1945. Auprès des Zombry ²2009 [CD-ROM], S. 48–60
- http://frankfurter-personenlexikon.de/node/353 [5.3.2019]