Incerta und Falsa

Bei mehreren Kompositionen ist Bruckners Autorenschaft nicht eindeutig erwiesen bzw. unsicher, wobei hier auch nicht immer das Vorhandensein eines Autografs eindeutige Entscheidungen zulässt (Herz Jesu-Lied). Die Forschung der letzten Jahrzehnte konnte einige, jedoch nicht alle Problemfälle lösen. Interessant ist hierbei, dass kein einziges Incertum bislang als echtes Werk Bruckners identifiziert wurde, sondern im Gegenteil einige fragliche Kompositionen nun mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht Bruckner zugeordnet werden können.

Wirklich umstritten und nicht eindeutig entscheidbar ist heute nur mehr das Symphonische Präludium, wenngleich nur wenig wirklich an Bruckner denken lässt. Die von Louis Dité 1947 und 1948 erstmals veröffentlichten und Bruckner zugeschriebenen Orgelstücke (Präludienbuch) können dagegen seit 2017 als Falsa klassifiziert werden.

Als Falsa wurden mittlerweile identifiziert:
Apollo-Marsch in Es‑Dur (WAB 115; von Béla Kéler [1820–1882])
Litanei in Es (von Simon Sechter)
Pange lingua (WAB add 333; von Franz Joseph Aumann)

Als sehr wahrscheinliche Falsa gelten:
„Domine, ad adjuvandum me festina“ (WAB 136)
Herz Jesu-Lied (WAB 144)
„O du liebes Jesu-Kind“ (WAB 145)
Präludien für Orgel in Es‑Dur (WAB 127/1–3 und 128/1–4)
Requiem (WAB 133)

Werke, deren Echtheit unsicher ist bzw. nicht geklärt werden kann (da fast alle verschollen sind):
Litanei (WAB 132)
Choral (WAB 226)
Die Rose (WAB 228)
Drei Stücke (WAB 225)
Exaudi (WAB add 330)
Irische Lieder (WAB 229)
Segenlied (WAB add 267) „Wir beten an dich wahres Engelsbrot“

Das Salvum fac, das Ave Regina und das Veni Creator Spiritus gelten nicht als unsichere oder falsche Werke, obwohl Bruckner hier möglicherweise bzw. wahrscheinlich auf Choralmelodien zurückgriff. Hier ist die Abgrenzung zur Gruppe der Bearbeitungen schwierig bzw. nicht immer eindeutig zu treffen. Im Fall der Lieder für Aloisia Bogner kam dagegen Klaus Petermayr (* 1973) zu eindeutigen Untersuchungsergebnissen (Aennchen von Tharau, Aus dem Zauberschleier, Walzer [WAB add 321]). Franz Scheder dehnt den Begriff der zweifelhaften Werke noch weiter aus. So bezieht er auch Kompositionsteile von Werken mit ein, die nach Bruckners Vollendung durch fremde Beeinflussung bzw. durch fremde Hand Änderungen erfuhren (u. a. Druckfassungen der Symphonien).

Literatur

CHRISTIAN K. FASTL

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 1.9.2017

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