Christ, Viktor (Victor Josef Conrad)

* 18.7.1869 Wien/A, † 30.7.1902 Rotwand, Dolomiten/Tirol (Roda di Vaèl, Trentino/I) [Bergunfall]. Trompeter.

Sohn des Kaufmannes Franz Christ und dessen Frau Adelheid, geb. Pfleger. Philosophie-Studium an der Universität Wien, das er nicht abschloss; ab 1888 musikalische Ausbildung am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien: Hauptfach Trompete bei Franz Blaha (1828–1913), Klavier bei Ferdinand Löwe, Harmonielehre- und Kontrapunktunterricht bei Bruckner, nebenbei Universitäts-Hörer bei Eduard Hanslick und Max Dietz (1857–1928). 1892 künstlerische Abschlussprüfung; ab März 1892 Anstellung bei den Wiener Philharmonikern und an der Hofoper als Trompeter; Archivar des Orchesters. Kurz vor seinem Tod wurde ihm im Juni 1902 das Amt des Schriftführers übertragen, welches er nicht mehr ausführen konnte.

Christs Mitschriften zu Bruckners Unterricht am Konservatorium sind zum Teil publiziert (Göll.-A. 4/1, S. 43–62), ein umfangreiches Konvolut von Mitschriften aus dem Jahr 1888/89 wurde im Bruckner-Archiv des Stiftes St. Florian (Gruppe 22, Nr. 17) entdeckt, eine Aufarbeitung ist noch ausständig. Ein Adressenvermerk in den Taschen-Notizkalendern im Jänner 1890 legt nahe, dass sich rasch ein näherer persönlicher Kontakt ergab. Einschlägige Notizen („Christ! Beim Tremol[o] 1. Abtheil[ung] nachsehen wegen der Endnoten im Betreff des Orgelpunktes“ bzw. „1. Satz 6. Sinf[onie] H[err] Christ“, s. Verborgene Persönlichkeit Bd. 1, S. 391, 393) dokumentieren Christs Tätigkeiten in den Jahren 1890/91 als Kopist. Neben zwei Partitur-Abschriften des Kopfsatzes der Sechsten Symphonie – eine davon fragmentarisch – existieren Abschriften vom 1., 2. und 4. Satz der 2. Fassung der Ersten Symphonie im Archiv der Wiener Philharmoniker sowie zwei Sätze derselben Symphonie, die sich in Privatbesitz befinden: Kopfsatz fragmentarisch und Finale. Die 1. Aufführung dieser neuen Fassung dirigierte Hans Richter aus ebenjener Partiturabschrift aus dem Archiv der Wiener Philharmoniker. Der handschriftliche Vermerk „2. und neue Bearbeitung“ auf dem Titelblatt zum Finale der im Privatbesitz befindlichen Teilabschrift verweist unmissverständlich auf die Umarbeitung zur sogenannten „Wiener Fassung“. Zur Achten Symphonie hat sich viel Material erhalten, das aufgrund der frühen Datierung von hoher philologischer Bedeutung für die 2. Fassung ist. In enger Zusammenarbeit mit dem Komponisten kopierte Christ im Frühjahr und Sommer 1890 drei Sätze (mit Ausnahme des Scherzo). Darüber hinaus existieren von ihm weitere Kopien zu diesem Werk. Der größte Teil seiner Abschriften befindet sich heute in Wiener Privatbesitz.

Durch Christ sind auch einige persönliche Bemerkungen Bruckners erhalten. In der Überlieferungsgeschichte spielt er ebenfalls eine nicht unwesentliche Rolle, da Skizzenbögen zur Achten und Neunten Symphonie über ihn in die Library of Congress in Washington gekommen sind. Der einzige Brief Bruckners an ihn (18.7.1893) verweist auf die krankheitsbedingt verzögerte Fertigstellung von Helgoland und beinhaltet auf einer beigelegten Visitenkarte den Dank des Komponisten für ein Porträt von Helene Adelheid Christ (* 12.7.1871 Wien), der Schwester (Briefe II, 930718).

Literatur

ERICH WOLFGANG PARTSCH, ANDREA SINGER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 15.1.2021

Medien

Kategorien

Normdaten (GND)

Christ, Viktor (Victor Josef Conrad): 104341165

Links

ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft