Dité, Louis (eigentl. Alois)

* 26.3.1891 Wien/A, † 18.11.1969 Wien. Organist, Komponist, Dirigent und Archivar.

1907–1912 besuchte Dité das Wiener Lehrerseminar und studierte im gleichen Zeitraum an der Wiener Musikakademie Harmonielehre (1907/08) und Komposition (1911/1912) bei Hermann Grädener (1844–1929), Klavier im Nebenfach (ab 1907) bei Joseph Hofmann (1865–1927) sowie Orgel (1908–1912) bei Rudolf Dittrich. Weiterhin absolvierte er 1912/13 den Lehrerbildungskurs an der Wiener Musikakademie und besuchte als Externist 1916/17 sowie 1919/20 Vorlesungen zu den Themenbereichen Musikpädagogik, Akustik, Instrumentenkunde und Musikgeschichte. Nach Absolvierung der Staatsprüfung für Mittelschulen und Lehrerbildungsanstalten bei Julius Böhm (1851–1917) war Dité 1917–1956 als (Hof-)Organist (ab 1916 bereits provisorisch) und 1918–1956 als Archivar der Hofmusikkapelle sowie 1938–1944 auch als Konzertorganist der UFA (Film) an der Kilgen-Orgel in der Scala (Wien IV) tätig. Ab ca. 1918 verwendet Dité nicht mehr seinen Taufnamen Alois, sondern als Vornamen Louis – ob sich dahinter eine Hommage an Ludwig van Beethoven verbirgt oder es sich um die Verwechslung der bairischen Kurzform mit der französischen Variante von Ludwig handelt, bleibt spekulativ. Neben der Tätigkeit als Organist und Chordirektor an der Rudolfsheimer Kirche (Wien XV) und der Franziskanerkirche (Wien I), leitete Dité als Chormeister zahlreiche Männergesangsvereine, was neben seinem generellen Engagement im Bereich des (Männer-)Chorwesens zu zahlreichen Ehrenmitgliedschaften führte: im Kaufmännischen Sängerchor „Engelsbergbund“ (1922, sowie die Ehrenmedaille in Gold 1969), MGV Rabenstein (1926), MGV „Thalia“ (1929), MGV „Biedersinn“ (1931), MGV „Eduard Kremser-Bund“ (1934), MGV Piesting (1936), MGV Purgstall (1937), MGV „Arminius“ (1950), Wiener Männergesangverein (1961) sowie im Gaudenzdorfer Männerchor „Einigkeit“ (1961). Weiterhin wirkte Dité auch als Pianist und Musikpädagoge – zu seinen Schülern zählte u. a. Leopold Nowak (1923–27). Obwohl Dité 1937/38 kurzfristig als Lehrbeauftragter für Klavier als Nebenfach an die Abteilung für Kirchen- und Schulmusik der Musikakademie zurückkehrte, blieb eine neuerliche Bewerbung an der Musikakademie 1947 erfolglos. Ab 1947 lehrte Dité an einem Wiener Realgymnasium.

Sein kompositorisches Schaffen wurde bereits während seiner Ausbildung im Rahmen des Kompositionswettbewerbs der Musikakademie prämiert: Als einzige eingereichte Komposition erhielt Dités Lied Der Kirchhof den 1. Preis der Jury. Der überwiegende Teil seiner frühen Kompositionen deckt kirchenmusikalisches Repertoire ab, welches Dité mitunter auch selbst uraufführte. Im Rahmen seiner Tätigkeit für die verschiedenen Gesangvereine komponierte er ebenso zahlreiche Chöre und Lieder, die im Repertoire dieser Chöre zur Aufführung kamen. Sein Kompositionsstil lässt sich anhand der das Œuvre bestimmenden Gattungen eher als neoklassizistisch beschreiben. Bereits 1936 urteilt ein Rezensent des Kleinen Volksblattes über Dité in ähnlicher Weise: „Sein kompositorisches Schaffen neigt mehr der Romantik zu, wenn auch von der zeitbedingten Herbheit der Gegenwart erfüllt, bleibt dieser heimische Tondichter in seinen herrlichen Liedern und Chören der lebensbejahende, von wienerischer Anmut erfüllte Sänger des deutschen Liedes“ (Kleines Volksblatt, März 1931, zit. nach Louis Dité. Würdigung anlässlich seines 70. Geburtstages, S. 4). In späteren Jahren trat Dité als Herausgeber und Bearbeiter von Orgel- und Kirchenmusik hervor, so gründete er u. a. die Reihe Musica ecclesiastica und war Mitherausgeber der Reihe Österreichische Kirchenmusik sowie Herausgeber der Reihe Meisterwerke kirchlicher Tonkunst.

Wann Dité mit Bruckners Musik in Kontakt kam, ist unbekannt, jedoch darf bereits eine frühe Bekanntschaft mit dem Brucknerschen Œuvre, vermittelt durch seinen Orgellehrer und Bruckner-Schüler Dittrich, angenommen werden. Eine erste nachgewiesene Aufführung mit Dités Beteiligung als Organist, bei der Bruckners Messe in f-Moll sowie das Te Deum auf dem Programm standen, fand am 5.6.1922 unter Ignaz Leopold Weber (* 27.1.1876 Wien/A, † 16.5.1943 Wien/A) zusammen mit den Wiener Philharmonikern und dem Wiener Bruckner-Chor anlässlich des 2. Anthroposophischen Kongresses im Musikvereinssaal statt. Unter Dités Leitung folgte am 3.4.1924 eine Aufführung eines Abschnittes aus der Festkantate im Dom zu St. Pölten durch den dortigen MGV. Dabei handelte es sich um den siebenten Abschnitt (Chor a cappella) der Kantate, der in der von Viktor Keldorfer herausgegebenen Chorliedersammlung Von der Donau zum Rhein zwar unter dem Titel Angelus-Läuten abgedruckt ist, jedoch bei Aufführungen des MGV St. Pölten oftmals Gottvertrauen genannt wurde. Vermutlich im Kontext der Zentenarfeier zu Bruckners Geburtstag (Brucknerfeste und -feiern) führte Dité gemeinsam mit Georg Valker (1866–1929) bei der Bruckner-Feier am 26.11.1924 in der Hofburgkapelle Themen aus den Brucknerschen Symphonien auf zwei Klavieren auf. Als Klavierbegleiter wirkte Dité zudem am 22.8.1926 bei der Aufführung des Chores Um Mitternacht mit. Über Beteiligungen an Aufführungen Brucknerscher Werke hinaus, stand Dité auch mit anderen Personen aus dem Bruckner-Um- und -Schülerkreis in teils engem Kontakt, darunter u. a. Carl Führich, für den Dité die Uraufführung dessen Orgelwerkes Praeludium und Fuge über ein Originalthema von Anton Bruckner (Hommagen und Widmungen an Bruckner) am 10.11.1935 wiederum in der Hofburgkapelle übernahm. Weitere Aufführungen Brucknerscher Werke mit Dité als Organist: U. a. wurde am 24.11.1923 im Großen Saal des Konzerthauses unter Führich zusammen mit dem Gesangverein österreichischer Eisenbahnbeamten in Wien und am 25.3.1926 ebenfalls im Großen Saal unter Dité zusammen mit dem MGV „Roseggerbund“ jeweils der Männerchor Trösterin Musik aufgeführt.

Nachdem Dités Konzerttätigkeit in den 1930er Jahren eher abnahm, trat er in den Nachkriegsjahren vor allem als Herausgeber in Erscheinung: In der Forschung besonders kontrovers diskutiert sind seine 1947 vorgelegten Publikationen Vademecum für Organisten (Weinberger, 1947, weitere Auflagen 1951 und 1958) und Festliche Präludien (Weinberger 1948), die angeblich von Bruckner stammende Stücke aus dem sogenannten Präludienbuch enthalten. Mögen diese Publikationen von dem Wunsch geleitet gewesen sein, das dürftig überlieferte Orgelwerk Bruckners um einige Übungen zu erweitern, deuten aktuelle musikphilologische Untersuchungen daraufhin, dass es sich bei sämtlichen Zuschreibungen um Falsa handelt. 1954 gab Dité zudem im Musikverlag Robitschek die Männerchöre bzw. -quartette Das edle Herz, Ständchen und Sternschnuppen heraus. Im gleichen Jahr und ebenfalls bei Robitschek erschien Dités Einrichtung des Männerchores Am Grabe, bei der er den vierstimmigen Satz um eine Begleitung entweder bestehend aus drei Posaunen oder Orgel bzw. Harmonium ergänzt. Für die Instrumentalbegleitung orientiert sich Dité überwiegend an den Bassstimmen des Ausgangsmaterials in teils zu Haltetönen augmentierter Form. Bereits 1950 hatte Dité eine Einrichtung der Gradual-Vertonung Ave Maria (WAB 7) vorgelegt, die im Verlag Anton Groll 1950 herausgegeben wurde. Diese Einrichtung weist jedoch nur unwesentliche Unterschiede in der Phrasierung, Rhythmisierung und Stimmverdopplung der Begleitung sowie der Oktavierung der Singstimme zum Notentext der von Nowak edierten Fassung in der Gesamtausgabe auf.

In seiner Funktion als Archivar der Hofmusikkapelle markierte Dité die autografen Eintragungen Bruckners in den sogenannten „Austheilungen“ der Hofmusikkapelle für Bruckners Dienstjahre 1875 und 1876. Ob diese Untersuchung Brucknerscher Einträge in den Archivalien der Hofmusikkapelle in Rücksprache mit seinem früheren Klavierschüler Nowak geschah, ist bisher nicht bekannt. Bis ca. 1961 war Dité im Besitz des Widmungsexemplars der Messe in f-Moll. Sein Nachlass wird heute in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek verwahrt.

Werke
  • Orgelmusik (u. a. Introduktion, Passacaglia und Fuge über ein Thema von Joseph Haydn, Introduktion, Variation und Hymnus über ein eigenes Thema)
  • Klaviermusik (u. a. 7 Tonstücke in Walzerform komponiert, Grüße aus vergangener Zeit, 5 Wiener Ländler, Große Sonate für Pianoforte in E-moll)
  • Kammermusik (u. a. Streichquartett in a-Moll, Wiener Suite für kleines Orchester, Am Cobenzl: Allegretto grazioso für Streicher, Sextett für Streicher, Quintett für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott)
  • Chorwerke (u. a. Graduale Dom. in Quinquagesima „Tu es Deus“, Totengräberhochzeit, Der Weg zum Glück, Vagantenlied, 6 Tonbilder nach Gedichten aus „Ein Winternachtstraum“, Die apokalyptischen Reiter)
  • Messen (u. a. Missa Romantica, Missa dorica)
  • Symphonien
  • Lieder (u. a. Was liegt denn an der Welt!, Wintergrün und Violet. Einsiedlerkalender. Dreizehn Gesänge aus dem „Zwingergärtlein“, Rokoko, 5 Gedichte von Franz Josef Zlatnik, Das Lied der Kalypso)
Schriften
  • (Hg.), Vademecum für Organisten. Eine Sammlung von Orgelstücken (leicht ausführbare Kadenzen, Vor- und Nachspiele) der bedeutendsten Meister von Bach bis Bruckner. Wien–London 1947, 2., rev. Aufl. Wien–London 1951, 3., rev. Aufl. Wien–Frankfurt am Main–London 1958
  • (Hg.), Festliche Präludien. Wien–London 1948
  • (Hg.), Harmonium-(Orgel) Schule von Louis Dité. H. 1 u. 2, Wien 1949
Literatur

CLEMENS GUBSCH

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 15.1.2022

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Dité, Louis (eigentl. Alois): 130141143

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