Wels

Oberösterreichische Stadt an der Traun, westlich von Linz gelegen. Altes Siedlungsgebiet (römisch: Ovilava); 1222 erstmals als Stadt genannt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts Standort wichtiger Industrien; Veranstaltung der Welser Messe. 1869: 5.828, 2019: ca. 61.700 EW.

Biografisch ist Bruckner in Wels nur wenige Male dokumentarisch erfassbar. 1865 leitete er an Stelle des verhinderten Alois Weinwurm den Linzer Sängerbund anlässlich des Gründungskonzerts des Oberösterreichischen Sängerbundes. Auf dem Programm stand der Chor Waldeinsamkeit von Anton M. Storch.

1869 besuchte Bruckner auf der Rückfahrt von Frankreich (Nancy, Paris) kurz die Stadt, wo er auf Vorschlag von August Göllerich d. Ä., dem Vorstand des Welser Männergesangvereines, in Anerkennung der „hervorragenden musikalischen Leistungen und in gerechter Freude über die großen Erfolge“ in Frankreich die Ehrenmitgliedschaft (Ehrungen) des Vereines erhielt (Briefe I, 690523). Für Bruckner war es die erste öffentliche Auszeichnung in seinem Heimatland Oberösterreich. Zum Dank spielte er ein (nicht näher nachweisbares) Orgelkonzert in der Stadtpfarrkirche. Bruckner lernte bei dieser Gelegenheit auch Göllerichs Sohn August d. J. kennen, der von Bruckner tief beeindruckt war („da traf mich zum ersten Male seines Auges Strahl“, Göll.-A. 1, S. 9) und sein Schüler und späterer Biograf wurde. Im Jahr darauf war Bruckner neuerlich an der Orgel zu hören, und trotz der Mängel des Instruments „erregte des Meisters Spiel, seine Gewandtheit in der Durchführung der gewählten Motive, das Wechseln derselben im passenden Momente, die einfache, nicht in all zu Fremdes sich verirrende Entfaltung der durch das kunstvolle Stimmgewebe entstandenen Harmonie allseitig Staunen und Bewunderung“ (Welser Anzeiger 24.8.1870, S. 1).

Der dritte Besuch in Wels galt 1881 August Göllerich d. Ä. Bruckner lernte damals auch Louise Hochleitner kennen, die Tochter eines Landesgerichtsrates, Schwägerin von Camillo Horn und Amateursängerin mit gut ausgebildeter Kontra-Altstimme. Bruckner komponierte für sie im Jahr darauf sein Ave Maria (WAB 7). Im selben Jahr entstand der Männerchor Sängerbund, der Göllerich d. Ä. als Vorstand des Oberösterreichisch-Salzburgischen Sängerbundes gewidmet war (Uraufführung 1883 in der Welser Volksfesthalle; Widmungsträger).

1886 spielte die Stadt eine kleine Rolle bei einem Missgeschick auf Bruckners achter Reise nach München, indem ihm in Wels die Reisekappe abhandenkam (Harten, S. 326).

Für die Forschung wesentlich ist die Sammlung der Autografe im Welser Stadtarchiv (früher im Stadtmuseum), die auf den Lehrer und Kirchenmusiker Josef Seiberl zurückgeht. Sie umfasst folgende Manuskripte: Messe für den Gründonnerstag, Choral (WAB 17,1–2) „In jener letzten der Nächte“, Messe in C‑Dur, die beiden Totenlieder, Vor Arneths Grab, An dem Feste, Das edle Herz (WAB 65 oder 66), Die Geburt sowie die beiden Motti „Ein jubelnd Hoch in Leid und Lust“ und „Lebt wohl, ihr Sangesbrüder“.

Im Gedenkjahr 1924 wurde eine von Siegfried Rüffler gestaltete Bruckner-Büste (IKO 138) im Vereinsheim des Hans Sachs-Chores (ehemals Männergesangverein Wels) enthüllt. An der Stadtmauer befindet sich ein Relief von Helga Födisch (IKO 431), das an Stelle einer alten Gedenktafel (IKO 195, Relief von Franz Fuchs) mit falschem Geburtsdatum (nämlich 1823) angebracht wurde.

Literatur

ERICH WOLFGANG PARTSCH

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 13.7.2020

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft