Pressburg (Bratislava)

Hauptstadt der Slowakischen Republik, 60 km östlich von Wien am Donauufer gelegen. 1526–1783 Haupt‑ und 1526–1830 Krönungsstadt des habsburgischen Ungarn. Kultur‑ und Wirtschaftszentrum des Landes. 1900: ca. 66.000, 2019: ca. 437.000 EW.

Die Pressburger Erstaufführung der Siebenten Symphonie Bruckners fand am 27.4.1890 in Anwesenheit des Komponisten durch das Orchester des Kirchenmusikvereins unter der Leitung von Josef Thiard-Laforest im damaligen Komitatshaus (heute historisches Gebäude des Slowakischen Nationalrates) statt. Der 1828 gegründete Kirchenmusikverein war damals als einzige Institution in Pressburg in der Lage, große geistliche und weltliche Konzerte zu veranstalten. 1891 wurde Bruckner zum Ehrenmitglied des Pressburger Kirchenmusikvereins ernannt (Ehrungen). In Pressburg wirkte 1865–1881 der Komponist und spätere Domkapellmeister Carl Mayrberger (1828–1881), der für seinen von Bruckner positiv beurteilten Chor Abendruhe beim Preisausschreiben zum Oberösterreichischen Sängerbundesfest 1865 den 3. Preis bekam. Bruckners Vierte Symphonie, die „Romantische“, wurde am 19.12.1905 in Pressburg vom Kirchenmusikverein unter der Leitung des Domkapellmeisters Eugen Kossow (1860–1921) wiederum im Komitatshaus aufgeführt. (In einigen Quellen wird Kossow, der in Wien Jus studierte, als Bruckners Schüler bezeichnet. Inskriptionen an der Universität Wien bzw. am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien sind nicht nachweisbar.) Die Besprechungen zum Konzert in der Preßburger Zeitung (20.12.1905; Johann Batka) und im Westungarischen Grenzboten (20.12.1905; Gustav Mauthner) lobten Bruckner als einen „hochherrlichen Schöpfer“. Der Musikkritiker Johann Batka (1845–1917), ein vertrauter Freund von Hans Richter, fand Interesse an Bruckners Musik, was sechs Klavierauszüge von Bruckners Symphonien (Zweite, Fünfte, Sechste, Siebente, dazu separat das Adagio für den Konzertvortrag und Neunte) in dessen Nachlass belegen. Seit 1918 wurde die Bruckner-Tradition in Pressburg durch einheimische sowie gastierende Musiker und Ensembles gepflegt. Zur Bruckner-Zentenar-Feier 1924 veranstaltete der Kirchenmusikverein ein Konzert, in dessen Rahmen unter der Leitung des Domkapellmeisters Alexander Albrecht (1885–1958) die Siebente Symphonie erklang. In weiterer Folge wurden u. a. folgende Werke gespielt: die Dritte (1944: Slowakisches Radiosinfonieorchester, Fritz Weidlich [1898–1952]), die Vierte (1937: Bratislavaer symphonisches Orchester, Karel Nedbal [1888–1964]; 1940: Münchner Philharmoniker, Oswald Kabasta; 1942: Slowakisches Radiosinfonieorchester, Otto Wartisch [1893–1969]), und der Psalm 150 (1931: verbundene Bratislavaer Klangkörper und Wiener Oratorien Vereinigung, Rudolf Nilius [1883–1962]). In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde in Pressburg und generell in der Slowakei die 1949 konstituierte Slowakische Philharmonie Hauptträger der Bruckner-Tradition. Am öftesten wurde die Vierte Symphonie gespielt, mit größerem Abstand folgen die Dritte, Fünfte, Siebente und Achte. Um die Bruckner-Rezeption machten sich vor allem zwei prominente slowakische Dirigenten verdient: Ľudovít Rajter (1906–2000) dirigierte die Dritte (1956, 1974), Vierte (1954, 1963) und Fünfte Symphonie (1967), Ondrej Lenárd (* 1942) die Messe in f‑Moll (1992), die Vierte Symphonie (1987 mit dem Slowakischen Radiosinfonieorchester; 2000, 2001 vier Konzerte in Spanien) und das Te Deum (1992). 1990–1996 realisierte die Slowakische Philharmonie mit Aldo Ceccato (* 1934) einen Zyklus mit neun Bruckner-Symphonien und dem Te Deum, der während der Bruckner-Zentenar-Feier 1996 den Höhepunkt fand. Einige Aufnahmen machte auch das Slowakische Radiosinfonieorchester (Ouverture in g‑Moll, Vierte Symphonie). Unter den gastierenden Klangkörpern präsentierten sich die Münchner Philharmoniker mit Sergiu Celibidache bei den Bratislavaer Musikfestspielen 1979 mit einer phänomenal dargebotenen Achten Symphonie. Zuletzt ist auch ein gesteigertes Interesse für die geistliche Chormusik Bruckners zu bemerken. Betreffs des Bruckner-Schrifttums wurden bisher nur kleinere Gelegenheitsartikel u. a. in der Musikzeitschrift Hudobný život veröffentlicht.

Literatur

JANA LENGOVÁ

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 17.8.2020

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