Krackowizer, Familie

Die Familie Krackowizer ist in Oberösterreich weit verzweigt. Vielfach sind Mitglieder der Familie in juristischen Berufen bspw. als Richter tätig – so auch Ferdinand Johann Nepomuk Krackowizer (1813–1893) als Richter am Landgericht Salzburg. Berühmtester Vertreter der Familie dürfte dessen Bruder, der österreichische Revolutionär und spätere Chirug Ernst Nepomuk Krackowizer (1821–1875) sein. Neben Wels und Linz siedelte sich ein weiterer Familienzweig in Gmunden an, wo wiederum der langjährige Bürgermeister und Heimatforscher Ferdinand Krackowizer (1851–1929) lebte.

Ferdinand:* 27.5.1844 Wels, Oberösterreich/A. † 20.10.1933 Linz Oberösterreich/A. Archivar und Schriftsteller.
Als Sohn des Juristen und Familiengeschichtsforschers Ferdinand Johann Nepomuk Krackowizer (1813–1893) erhielt Krackowizer vermutlich den ersten Musikunterricht während seiner Zeit im Stiftsgymnasium Kremsmünster (1854–1862). Nach der Matura folgte ein Jus-Studium an der Universität Wien (1862–1865) und Innsbruck (1865–1868); 1868 Dr. jur. in Innsbruck. Bereits während des Studiums ab 1866 war er in einer Salzburger Anwaltskanzlei tätig sowie Mitglied der Salzburger Liedertafel. Zunächst in Salzburg und anschließend ab 1868 in Linz war Krackowizer als Konzeptspraktikant im Landesdienst tätig und wurde 1875 Landesarchivar und Registrator in Linz. Nach dem Ruhestand 1903 folgte 1921 der Ehrentitel „oberösterreichischer Landesarchivdirektor“, der von der oberösterreichischen Landesregierung verliehen wurde. Krackowizers Verdienst liegt vorwiegend in seinen archivarischen Tätigkeiten, das sind die Neueröffnung des Landesarchivs, die Akquise neuer Bestände, die Publikation zahlreicher Archivverzeichnisse sowie die öffentliche Hinwendung zum Archivschutz. Trotz dieser Leistungen kann bei Krackowizer mehr vom Archivar des Typus des „musealen Sammlers“ als des „wissenschaftlichen Leiters“ gesprochen werden – dies spiegelt sich auch in seinen Schilderungen über Bruckner wider.

Krackowizer datiert seine erste Begegnung mit Bruckner unmittelbar auf das Jahr seines Umzuges nach Linz 1868, denn mit der Übersiedlung nach Linz tritt Krackowizer der Liedertafel „Frohsinn“ bei, die Bruckner in diesem Jahr noch in zweiter Amtszeit dirigierte. Krackowizer berichtet anekdotisch über die Proben der Liedertafel zum Männerchor Germanenzug vermutlich im Vorlauf der Aufführungen am 18.7., 7.8. und 12.9.1868: „Seinen eigenen schönen Chor ‚Germanenzug‘ jedoch übte er mit Begeisterung. Bei einem Pianissimo desselben konnten wir ihm nicht leise genug singen und als er einmal diese Stelle immer wiederholen ließ und wir es ihm gar nicht recht machen konnten, streikten die Tenore [sic] und schwiegen. Bruckner aber rief befriedigt: ‚Jetzt war’s recht, meine Herren!‘“ (Innsbrucker Nachrichten, 22.12.1924 S. 3). Über die Probenzeit zur Messe in e-Moll für die Aufführung anlässlich der Einweihung der Votivkapelle in Linz am 29.09.1869 führt Krackowizer weiter aus: „Wie sehr wir unseren Chormeister liebten, bewies unsere Ausdauer bei dem wochenlangen Studium seiner äußert schwierigen Vokalmesse, die bei der Einweihung der Votivkapelle des neuen Domes aufgeführt wurde. Im warmen Augustmonat hielten Sänger und Sangesschwestern wohl über zwanzig Proben im dumpfen Saale geduldig aus, Bruckner in Hemdärmeln dirigierend.“ (Innsbrucker Nachrichten, 22.12.1924 S. 3).

Bereits im April 1868 hatte sich Krackowizer – wenngleich erfolglos – für Bruckner eingesetzt und im Zuge der Bewerbung Bruckners auf die Stelle eines Domkapellmeisters in Salzburg ein Empfehlungsschreiben an Franz Edlen von Hilleprandt (1796–1871) übermittelt. In Gesellschaft von Krackowizer sowie von Johann Aichberger (1813–1874) und dessen Nichten Hermine (?–?) und Johanna Pichler (?–?) erlebte Bruckner am 5.5.1868 auf der Terrasse des Hotels „Zum roten Krebs“ den Einsturz der Donaubrücke.

Auch nach Bruckners Übersiedlung nach Wien scheint der Kontakt zwischen beiden fortbestanden zu haben, so dokumentiert Krackowizer, dass er Bruckner bei späteren Besuchen sowohl in St. Florian als auch in Linz Gesellschaft leistete. So soll Bruckner Krackowizer mehrmals nach dem Text für ein Oratorium gebeten haben: „Dort bat er mich öfters: ‚Gehen’s Herr Doktor schreiben’s mir ein Oratorium.‘ Er hatte zu mir das Vertrauen, ich könnte ihm einen passenden Text liefern. Und obwohl ich ihm einwendete, ich hätte dazu kein Talent und er selbst als ein tief religiöser Mann könne sich ja aus dem Alten oder Neuen Testament selbst am besten einen passenden Abschnitt wählen, bat mich Bruckner mehrmals um einen Oratoriumstext.“ (Innsbrucker Nachrichten, 23.12.1924 S. 3). Ob und inwiefern dieses Kompositionsprojekt realisiert worden wäre, muss jedoch bezweifelt werden, da Bruckners kompositorische Erfahrungen in dieser Gattung eher als gering einzuschätzen sind.

Überliefert ist außerdem ein Brief Bruckners an Krackowizer vom 17.12.1890, in welchem Bruckner von den Proben und der Drucklegung der 2. Fassung der Dritten Symphonie berichtet sowie sich für ein übersandtes Buch bedankt: „Spät komme ich; aber sicher, danke sehr für das hochinteressante Buch und gestehe, d[a]ß ich mich hie[r]mit recht geehrt fühle. Dieß [sic] hat für mich noch das spezielle Interesse, weil ich mich an jene Zeit noch ganz gut erinnern kann, u[nd] daher Vieles selbst gesehen habe. Nochmal – danke sehr!“ (Briefe II, S. 98). Naheliegend scheint es sich vermutlich um Krackowizers humoristische Beschreibung seiner eigenen Schulzeit Naturgeschichte des österreichischen Studenten zu handeln, die 1890 bei Reclam erschienen war und in nachfolgenden Jahren große Popularität genoss. Natürlich träfen Bruckners Äußerungen auch auf Krackowizers Abhandlung über das Linzer Landestheater zu, scheinen jedoch aufgrund des zeitlichen Abstands zum Publikationsdatum als Referenzrahmen weniger wahrscheinlich. Ob Krackowizer seine Erinnerungen an die Begegnungen mit Bruckner aufgrund der Zentenarfeier anlässlich von Bruckners 100. Geburtstag niederschrieb oder möglicherwiese auch von seinem Neffen Maximilian dazu angeregt wurde, bleibt spekulativ, nichtsdestotrotz weist dieser Erinnerungsbericht ein Bruckner-Bild aus, das eine Vielzahl der Bruckner zugeschriebenen Charakterzüge und Eigenschaften beinhaltet, die aufgrund der Zeitzeugenschaft Krackowizers wohl als authentisch bewertet werden können.

Schriften
  • Das Landestheater in Linz. 1870
  • Heimatskunde von Oberösterreich. 1872
  • Naturgeschichte des Kremsmünsterer Studenten. Linz, Feichtinger, 1877
  • Naturgeschichte des österreichischen Studenten. Gymnasial-Humoresken. Leipzig 1890
  • Aus dem alten Linz, in: Weihnachtsbeilage der [Linzer] Tages-Post 25.12.1895, [S. 20f.]
  • Anton Bruckner. Persönliche Erinnerungen, in: Bergland-Kalender. 1925
  • Linz im Jahre 1868. Festschrift, in: Beilage des Linzer Volksblatts 1.1.1928, S. 33f.
  • Biographisches Lexikon des Landes Österreich ob der Enns. Gelehrte, Schriftsteller und Künstler Oberösterreichs seit 1800. Passau 1931
Literatur

Seine Neffe
Maximilian: * 6.7.1888 Linz, Oberösterreich/A. † 14.6.1952 Vöcklabruck Oberösterreich/A. Rechtsanwalt, Chorleiter und Pianist.
Sohn des k.u.k. Evidenzobergeometers Maximilian Josef Krackowizer (1851–1911) und der Anna Salbert (1858–1938). Ab ca. 1902 musikalische Ausbildung in der Linzer Musikvereinsschule in den Fächern Klavier bei August Göllerich und Violine bei Heinrich Dessauer (1863–1917). Nach der Matura Jus-Studium in Innsbruck mit anschließender Promotion 1913. Am 4.9.1916 Hochzeit mit Hedwig Scholz (1893–?) in Lemberg. Bis 1919 Rechtsanwaltsanwärter in Gmunden und im gleichen Jahr Aufnahme in die Liste der oberösterreichischen Rechtsanwälte sowie Eröffnung einer Kanzlei in Frankenmarkt. Mit der Übersiedelung nach Vöcklabruck ca. 1924 aktiver Teil des ortsansässigen Musiklebens. Als Nachfolger von Max Auer 1927–1932 Chormeister der Liedertafel Vöcklabruck und 1924–1927 sowie 1929–1932 Vorstandsmitglied der Liedertafel sowie Beirat des örtlichen Brucknerbundes und des Kirchenmusikvereins. 1926 Ehrenmitglied des Männergesangvereins Die Bären aus München.

Dass Krackowizer vermutlich bereits seit seiner Kindheit mit Bruckners Musik in Kontakt kam, ist nicht nur aufgrund seine Ausbildung bei Göllerich zu vermuten, sondern lässt sich auch auf seinen Onkel zurückführen. In einer Gedenkrede im Rahmen des Konzertes zugunsten der August-Göllerich-Gedächtnis-Stiftung am 19.3.1924 berichtete Krackowizer über den Klavierunterricht bei Göllerich folgendes: „Als Klavierlehrer verstand er zu individualisieren. Der Weg ging von J. S Bach aus und führte zu den Höhen Beethovens und Liszts. Er schulmeisterte nicht, sondern lehrte.“ (Linzer Tages-Post 20.3.1924, S 8). Gerade mit dem Umzug nach Vöcklabruck lässt sich ein deutlicher Anstieg der musikalischen Aktivitäten Krackowizers als ausführender Musiker und organisatorischer Leiter feststellen: Im Bruckner-Jahr 1924 hält Krackowitzer bei der Bruckner-Gedenkfeier in Ried im Innkreis am 23.11.1924 eine Festrede, für die Centenarfeier in Vöcklabruck fungierte er als Obmann des Festausschusses und dirigierte außerdem den Chor „Wachet auf“ aus Richard Wagners Meistersinger von Nürnberg. Anlässlich der Feier zum 75jährigen Bestehen der Liedertafel Vöcklabruck trat Krackowizer als Interpret des Intermezzo zusammen mit Maria Zunt, Karl Maaß (1873–1943), Johann Georg Neumann (1888–1959) und Karl Schätzner (?–1942) in Erscheinung. Die Aufführung am 5.11.1927 in Vöcklabruck, zu der Krackowizer neben einer Klavierfassung der Vierten Symphonie (1. und 3. Satz) auch die Uraufführung des Liedes Herbstkummer zusammen mit Zunt beitragen sollte, fand entgegen der Ankündigung jedoch nicht statt. Nichtsdestotrotz war Krackowizer in seiner Funktion als Beirat des örtlichen Brucknerbundes sowie ab 1927 als Chormeister der Liedertafel Vöcklabruck stark in sämtliche musikalischen Aktivitäten stark eingebunden und ist zum Vöcklabrucker Bruckner-Kreis der 1920er Jahre um Max Auer zu zählen.

Literatur
  • [Linzer] Tages-Post 28.5.1903, S. 4
  • Innsbrucker Nachrichten 30.1.1913, S. 3
  • Salzburger Volksblatt 13.9.1916, S. 3
  • Amtsblatt zur Wiener Zeitung und Zentralanzeiger für Handel und Gewerbe 4.12.1919, S. 1
  • F[ranz]. G[räflinger]., Bruckner Jahrhundertfeier in Vöcklabruck, in: Neues Wiener Tagblatt 19.9.1924, S. 11
  • [Linzer] Tages-Post 2.12.1924, S. 5
  • [Linzer] Tages-Post 31.1.1926, S. 14
  • Linzer Volksblatt 29.10.1927, S. 9
  • Kunstschaffen. Bruckner Gedächtnisfeier in Vöcklabruck, in: Linzer Volksblatt 9.11.1927, S. 7
  • Festschrift. Hg. aus Anlaß des 80jährigen Bestandes der Liedertafel Vöcklabruck [1850–1930]. Vöcklabruck 1930
  • ABCD.

CLEMENS GUBSCH

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 6.9.2021

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Normdaten (GND)

Krackowizer, Ferdinand: 116352825

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