Vöcklabruck

Stadt in Oberösterreich an der Verkehrsverbindung zwischen Linz und Salzburg, dem Stift St. Florian inkorporierte Pfarre. 1869: 1.530, 2019: ca. 12.300 EW.

Die wichtigste persönliche Beziehung Bruckners zu Vöcklabruck bestand über die mit dem Stadtgärtner Johann Nepomuk Hueber verheiratete Schwester Rosalia (Bruckner, Familie) und ihre Familie. Besonders zugetan war Bruckner der Enkelin Rosalias, Laura Hueber. Bruckner vermachte ihr seinen Flügel (Instrumente Bruckners), der aber später nach St. Florian kam.

Besuche Bruckners während seiner Linzer Zeit sind anzunehmen, sie begannen ohne Zweifel 1869 und setzten sich freilich mit Unterbrechungen und jeweils von unterschiedlicher Dauer fort, solange es seine Gesundheit (Krankheiten und Tod Bruckners) erlaubte (letzter Besuch im September/Oktober 1892). Unabhängig davon bestand eine briefliche Verbindung (letzter Brief Bruckners aus Wien vom 10.12.1895; Briefe II, 951210/3).

Durch die Familie Hueber kam Bruckner auch mit den maßgeblichen Musikerkreisen der Stadt in Berührung. Die Liedertafel Vöcklabruck 1850 (erster Besuch 16.9.1874) verlieh ihm die Ehrenmitgliedschaft (13.11.1883, Ehrungen). Das Diplom vermerkt: Er wurde „in Anerkennung seiner Verdienste um den Männergesang einstimmig zu ihrem Ehrenmitgliede“ (Leitner 1996, S. 28) ernannt. Während der Jahre mit Besuchen Bruckners leiteten 13 Chormeister das Ensemble. In dieser Zeit wirkten als Kapellmeister der Stadtmusik Vöcklabruck 1833–1873 Josef Schmierer, 1873–1874 Josef Kaltenbrunner, 1874–1879 Anton David, 1879–1881 Franz Schwalm (1849–1912), 1881–1884 Anton Skalla (1842–1912) und 1884–1912 F. Schwalm.

Mit dem Du-Freund Alois Scherer (1836–1894), auch Liedertafel-Protektor und ‑Vorstand sowie Rechtsanwalt und Bürgermeister der Stadt, verkehrte Bruckner sehr gerne, nicht zuletzt in juristischen Angelegenheiten. Mehrmals besuchte er die Familie Braun, die eine Feilen‑ und Werkzeugfabrik besaß. Isidor Braun III. (* 1835) war zusammen mit seinem Bruder Martin (* 1825) Gründungsmitglied der Liedertafel und des Geselligkeitsvereins Paixhanslia. Auf Ersuchen von Laurenz Herzog jun. (1817–1907), Oberlehrer in Vöcklabruck bis 1879, spielte Bruckner gelegentlich auf der Orgel in der Stadtpfarrkirche. Bruckner verwendete beim Eisenhändler Anton Hartmann im Sommer 1884 ein Zimmer zum Komponieren (Skizze zum 1. Satz der Achten Symphonie) und wurde zu seinem 60. Geburtstag am 3.9.1884 von der Liedertafel und Bürgerkorpskapelle unter F. Schwalm mit einem Ständchen und Fackelzug geehrt. Daran erinnert eine Gedenktafel, die am 24.5.1900 am Stadtplatz 38 enthüllt wurde.

Gerne nahm Bruckner an den abendlichen Zusammenkünften des Geselligkeitsvereins Paixhanslia teil. Dass Heiterkeit und Geselligkeit hier großgeschrieben wurden, zeigt der eigenwillige Text: „[…] das Wier in hoher Faier und Wolgewogenheit den festen, fürsichtigen, ehrsamen, hoch‑ und wolweisen Herrn Anton Bruckner zum Ehrenmitgliede […] auf‑ und anzunehmen beschlossen“, 3.9.1884 (Leitner 1996, S. 36).

Das Gedicht „A lustigö Eicht. Der lustigen Lucken-Gesellschaft gewidmet“ – datiert Vöcklabruck 19.7.1862 – von Franz Xaver Stelzhamer (1802–1874) vertonte der Vöcklabrucker Stadtkapellmeister A. David. Bruckner hat [später?] den „etwas ungelenk für Männerchor“ gesetzten Satz „kunstgerecht eingerichtet“ (Rieder Volkszeitung 28.9.1950, S. 20).

In Vöcklabruck begegnete Bruckner Anna Jobst, die hier mit dem Uhrmachermeister Josef Kellner (1822–1893) verheiratet war und für die (und sicherlich nicht für deren ältere Schwester Maria) er einst in gemeinsamen Windhaager Zeiten die Messe in C‑Dur komponiert hatte. Kellner richtete 1924 auch in seinem „Heimatfenster“ die erste programmatische Bruckner-Ausstellung mit über 30 Exponaten ein (Partsch, S. 160).

Der gebürtige Vöcklabrucker Max Auer machte sich als Bruckner-Forscher und -Biograf, als Schriftsteller und Präsident der Internationalen Bruckner-Gesellschaft sehr verdient und gelangte zu großem Ansehen. „Was ein begeisterter und könnender Musiker in einem Kleinstädtchen zu leisten vermag, dafür liefert Professor Max Auers Tätigkeit in Vöcklabruck einen glänzenden Beweis. In 25jähriger, unermüdlich pädagogischer Erziehungstätigkeit, hat er sich einen etwa 60köpfigen gemischten Chor herangebildet, wie ihn manche ,Hauptstadt‘ in bezug auf stilvolle Schulung nicht aufs Podium zu stellen vermag.“ (Linzer Tages-Post 19.3.1926, S. 8). Die Chormeisterstelle bei der Liedertafel (1901–1927), die Gründung des Frauengesangvereins 1903–1921 (mit der Liedertafel fusioniert) und des Kirchenmusikvereins 1912 bildeten die Grundlage für sein Wirken. Damit prägte er maßgeblich Vöcklabrucks Musikleben. Er konnte von sich behaupten: „bis 1926 dürfte Vöcklabruck der einzige Ort gewesen sein, an dem alle gedruckten und ungedruckten kleinen Kirchenmusikwerke des Meisters erklungen waren“ (Rieder Volkszeitung 28.9.1950, S. 20). Einige Beispiele für Auers Einsatz: Germanenzug (1907, 1910); Vexilla regis (1909); im Jahre 1912 Pange lingua (WAB 33), Ecce sacerdos (Uraufführung), Afferentur (erste Konzertaufführung); Messe in e‑Moll (1919); Werke von Franz Schubert und Bruckner (1920); Werke von Bruckner und Josef Reiter (1922); Messe in e‑Moll, u. a. Motetten (1923); Gedenkkonzert für August Göllerich: Psalm 150, Adagio aus dem Streichquintett in F-Dur, Ave Maria (1924); Apollo-Marsch in Es-Dur (Uraufführung 1924, damals noch Bruckner zugeschrieben; Incerta und Falsa); Te Deum, Psalm 150 (1925); Tantum ergo (WAB 44, Uraufführung 1925); Psalm 112 (Uraufführung 14.3.1926); Bruckner-Gedächtnisfeier (mehrere Bruckner-Werke, 1926).

Dazu kommen noch große Repertoire-Werke wie: Joseph Haydns Die sieben Worte des Erlösers am Kreuz (1910), Die Schöpfung (1912), Die Jahreszeiten (1913) und Georg Friedrich Händels (1685–1759) Der Messias (1914). In den Jahren nach Auers Wirken fanden insbesondere an runden Gedenktagen aus Bruckners Leben und an Jubiläen der Liedertafel (jetzt Stadtchor) größere Konzerte statt.

Die Erinnerung an Bruckner halten wach:

  • Gedenktafel am Haus Stadtplatz 38 (Enthüllung 24.5.1900),
  • Dr. Anton Bruckner Straße (seit 9.2.1906),
  • Anton-Bruckner-Gedächtnisorgel in der Stadtpfarrkirche (seit 1993),
  • Gedenktafel am Gärtnerhaus Hueber, Graben 19 (Enthüllung 25.9.1996),
  • Heimathaus („Brucknerecke“) mit Nachlass-Stücken Bruckners aus dem Besitz der Gärtnerfamilie Hueber,
  • Anton-Bruckner-Rundweg.

Die 1926 gegründete Ortsgruppe Vöcklabruck des Brucknerbundes für Oberösterreich bestand bis 1938 und wurde 1948 wiedererrichtet.

Literatur

FRANZ ZAMAZAL

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 13.7.2020

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Abbildungen

Abbildung 1: Franz Stelzhamer, in: Illustrirte Zeitung 29.8.1874, S. 173

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft