David, Johann Nepomuk

* 30.11.1895 Eferding, Oberösterreich/A, † 22.12.1977 Stuttgart, Baden-Württemberg/D. Komponist.

1905–1909 Sängerknabe im Stift St. Florian, Unterricht in Violine, Klavier und Theorie bei Karl Aigner, Hans Haybäck bzw. Franz Xaver Müller. Bis 1912 Stiftsgymnasium Kremsmünster; 1912–1915 an der Bischöflichen Lehrerbildungsanstalt in Linz Musiktheorie bei Josef Gruber, Klavier bei August Göllerich. Bis 1934 Volksschullehrer, Organist und Chorleiter in Oberösterreich. 1934–1945 Lehrer für Theorie und Chorleitung am Landeskonservatorium (1941 Hochschule) in Leipzig, ab 1942 kommissarischer Direktor. Die endgültige Entscheidung über den Direktorposten sollte nach Kriegsende fallen; Herbert Gerigk (1905–1996) stellte diesbezüglich fest, dass statt David, der sich völlig unpolitisch verhielt und kein Parteimitglied war, ein „zuverlässiger Nationalsozialist gefunden“ werde (Prieberg, S. 1069; Nationalsozialismus). 1945–1948 Direktor des Mozarteums in Salzburg, Leiter einer Kompositionsklasse. 1948–1963 Professor für Theorie und Kontrapunkt an der Musikhochschule in Stuttgart.

Durch den Anblick von Bruckners Antlitz im geöffneten Sarkophag 1906, den täglich im Stift St. Florian gesungenen gregorianischen Choral sowie den Klang der mächtigen Chrismann-Orgel entscheidend geprägt, war Davids Beziehung zu Bruckner bis zuletzt von tiefer Verehrung gekennzeichnet. Trotz langjähriger Freundschaft zu dem katholisch-kirchentreuen Max Auer begann David etwa 1917, sich kritisch von der ihn umgebenden nationalistisch verbrämten Frömmigkeit prominenter Bruckner-Apostel zu emanzipieren, was ihn fortan in seiner Heimat isolierte. 1923 sah David in der „Unnachahmbarkeit“ des „Phänomens Bruckner“ als „Sein in der Liebe und Sein in Gott“ ein Zeichen von Genialität. Er schloss sich der anthroposophisch orientierten Bruckner-Deutung von Erich Schwebsch (1889–1953) an, bevor er 1925 ein glühender Anhänger von Ernst Kurths Bruckner-Darstellung wurde. In der 1953 veröffentlichten, doch wesentlich älteren ganzheitlichen Betrachtung des Os justi erörterte David das irrationale Moment künstlerischen Schaffens.

Gemeinsamkeiten zwischen Davids und Bruckners Tonsprache bestehen im weiten Atem, in einer stillen Feierlichkeit sowie in der langsamen künstlerischen Reifung. Die Gattung der Symphonie nahm auch in Davids Schaffen eine – um 1920 allerdings unzeitgemäße – zentrale Stellung ein. Süddeutsche Klangpracht und Drang zu Expressivität verband David jedoch mit dem polyphonen Denken Johann Sebastian Bachs und der Franko-Flamen; in Weiterentwicklung (nach Johannes Brahms und Gustav Mahler) bildete David den Typus der monothematischen Symphonie, deren Themen er aus einer Ursubstanz entwickelte; auch strebte er selten zum Monumentalen. In Charakteren, Thematik und formaler Gestaltung ist zwar gelegentlich eine Nähe zu Bruckner vorhanden, in der Regel aber stets in objektivierender Distanz. Introitus, Choral und Fuge in c-Moll über ein Thema von Anton Bruckner (Hommagen und Widmungen an Bruckner), eines seiner großartigsten, auch schwierigsten Werke, ist eine triumphale Huldigung an Bruckner (das chromatische Thema einer Improvisation Bruckners 1884 in Kremsmünster; vgl. Göll.-A. 4/2, S. 193; Orgel-Skizze in c-Moll, C56/15ab).

1926 spielte David in Vöcklabruck den Orgelpart bei der Uraufführung des Psalms 112. Als Orchester- und Chordirigent errang er auch mit Werken Bruckners hohe Anerkennung. Mit der Erstaufführung des Requiem in d-Moll (WAB 39) am 10.10.1936 und der Uraufführung der 2. Fassung der Messe in e-Moll am 3.4.1940 bewirkte er in Leipzig beim protestantischen Thomaskantor Karl Straube (1873–1950) die Hinwendung zu Bruckner und gab der Leipziger Bruckner-Pflege eine authentische österreichische Prägung.

Werke
  • Symphonien
  • Kammermusik
  • Orgelwerke
  • Chorwerke
  • Lieder
Schriften
Literatur

BERNHARD A. KOHL

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 26.2.2020

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Abbildungen

Abbildung 1: Neue Zeitschrift für Musik 104 (1937) H. 1, S. 40/2

Normdaten (GND)

David, Johann Nepomuk: 11852397X

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft