Finanzen

Bruckners lebenslanges Streben nach Sicherheit ist nicht nur anhand seiner beständigen Suche nach Leistungsbestätigungen durch Zeugnisse, sondern auch und vor allem seiner zahlreichen Bewerbungen um alle möglichen als ‚sicher‘ eingeschätzten Posten und seiner Ansuchen um Unterstützung festzustellen. Auf dem Gebiet der Finanzen ist eine Begründung für diese manchmal als ‚Manie‘ bezeichnete Angst vor materiell ungesicherten Verhältnissen wohl leicht zu finden: Bruckner wuchs unter eher ärmlichen Lebensbedingungen auf und hatte dann das Glück, im Alter von 13 Jahren nach dem Tod seines Vaters Aufnahme als Sängerknabe im Stift St. Florian zu finden.

Als 17-Jährigem sollen ihm in seiner ersten Anstellung als Schulgehilfe in Windhaag bei Freistadt – abzüglich der Kosten für Kost und Quartier – jährlich 12 fl (die überlieferten Angaben schwanken beträchtlich bis 36 fl) als Taschengeld geblieben sein (nach heutiger Kaufkraft damals – umgerechnet im Februar 2018 nach Wiener Währung, s. u. – ca. EUR 259,- [12 fl] bis ca. EUR 777,- [36 fl]). Wie üblich, verdiente er sich schon damals etwas dazu. Die Situation besserte sich erst langsam mit seiner Verpflichtung als Lehrer (Lehrtätigkeit) in St. Florian 1845, wo er mit (genau überlieferten) 36 fl (ca. EUR 691,-) Jahresgehalt anfing – inklusive Verpflegung und Unterkunft sowie ergänzt um weitere Einkünfte aus Privatunterricht –, im Oktober 1849 waren es schon 108 fl (ca. EUR 1.949,-). Seit Februar 1850, zusätzlich mit dem Posten eines provisorischen Stiftsorganisten (Orgel) betraut, verdiente Bruckner 152 fl (rund EUR 2.655,-) im Jahr.

1856 in Linz, als Dom- und Stadtpfarrorganist mit Dienstwohnung, kam dann der Sprung auf 448 fl (ca. EUR 6.572,-). Von Privatschülern verlangte Bruckner damals bis zu 1 fl (ca. EUR 15,-) pro Stunde. Für seine Tätigkeit bei der Liedertafel „Frohsinn“ wurde er (gesichert erst für 1868) mit 300 fl (ca. EUR 3.958,-, ab jetzt nach Österreichischer Währung) entlohnt.

Nach seiner Übersiedlung nach Wien wird es immer schwieriger, Bruckners jährliches Gesamteinkommen zu berechnen: Oft zeitgleich ausgeübte Berufe, Nebeneinkünfte, Sonderzahlungen (z. B. Ende 1868 ein einjähriges Künstlerstipendium „zur Herstellung größerer symphonischer Werke“ [Göll.-A. 4/1, S. 80] in Höhe von 500 fl [ca. EUR 6.597,-]) und – in späterer Zeit – regelmäßige Zuwendungen von Gönnern etc. zeigen ein über die Jahre schwankendes Bild.

Von der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien bezog Bruckner während seiner aktiven Zeit als Professor am Konservatorium 1868–1891 jährlich zunächst 800 fl (für 1868 ca. EUR 10.555,-) und spätestens seit 1890 1.200 fl (für 1890 ca. EUR 15.929,-), danach 440 fl (ca. EUR 5.984,- bis 6.219,-). Dazu kamen 1870–1873 als Lehrer an der Lehrerbildungsanstalt St. Anna jährlich 540 fl (Wertschwankung von ca. EUR 6.773,- bis 6.068,-). Ende September 1873 [nicht 1874] musste er wegen der dort beschlossenen Reduzierung der Musikstunden seine Klavierlehrerstelle an Andreas Weiß jun. (1838–1921) abgeben, wodurch sich sein Einkommen deutlich verringerte (Fischer, S. 154), worüber er sich in einem Brief an Bischof Franz Joseph Rudigier beklagte (Briefe I, 741007).

Seine Tätigkeit als Organist im Verband der Hofmusikkapelle brachte ihm – nach unbezahltem Dienst 1868–1870 – zunächst von 1871 bis Juni 1875 jährlich 200 fl (ca. EUR 2.220,- bis 2.433,-) ein, von Juli 1875 bis 1877 von Jahr zu Jahr jeweils zusätzliche 100 fl (über die drei Jahre ca. EUR 1.160,- bis 1.177,-) als Vizearchivar und substituierender Singlehrer. 1878–1886 erhielt er als wirkliches Mitglied dann jährlich 600 fl (ca. EUR 7.291,- bis 8.184,-) und zusätzlich 200 fl Quartiergeld (ca. EUR 2.430,- bis 2.728,-), später weitere 300 fl Zulage (ca. EUR 3.963,- bis 4.165,-), die ihm nach der Verleihung des Franz Joseph-Ordens (Ehrungen) auf Anordnung des Kaisers seit 1.8.1886 zustanden. Seit 1878 hatte er außerdem Anspruch auf die jährlich viermal anfallende Oktennalzulage in Höhe von 100 fl (über die Jahre ca. EUR 1.215,- bis 1.388,-). Nach seiner Dienstenthebung 1892 wurden ihm jährlich 900 fl (ca. EUR 12.494,- bis 12.721,-) ausbezahlt.

An der Universität Wien verdiente Bruckner 1876–1880 zunächst ebenfalls nichts. Erst seit November 1880 bekam er die für Lektoren übliche Remuneration in Höhe von 400 fl pro Semester (ca. EUR 4.860,- bis 5553,-); im März 1894 wurde stattdessen eine jährliche Ehrengabe in Höhe von 1.200 fl (ca. EUR 16.659,-) vom Rektor der Universität beantragt, ausbezahlt wurden ab 1895 schließlich 600 fl (ca. EUR 8.133,-) sowie für 1894 eine Unterstützung in Höhe von 150 fl (ca. EUR 2.082,-).

Neben diesen festen Gehältern sind fallweise Honorierungen für Aushilfen an der Hofburgkapelle, Sonderremunerationen von der Universität, Druckkostenbeiträge (für die Dritte und für die Achte Symphonie) etc. sowie Einkünfte aus zahlreichen Schülern erteiltem Privatunterricht mitzurechnen und nicht zuletzt kostenlos zur Verfügung gestellte Wohnungen (Heßgasse, Belvedere) zu berücksichtigen. Dennoch setzte sich 1886 Joseph Hellmesberger bei Obersthofmeister Konstantin Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst dafür ein, dass Bruckner vom Kaiser eine Auszeichnung (Franz Josephs-Orden) sowie eine finanzielle Zulage erhalte, da jener sein Einkommen durch Stundengeben aufbessern müsse und deshalb kaum zum Komponieren komme (Hofmusikkapelle, S. 104f.).

Ab 1890 zahlte Karl von Oberleithner (1828–1898) Bruckner eine jährliche Leibrente von 500 fl (ca. EUR 6.605,- bis 7.067,-) – offiziell für den Musikunterricht seines Sohnes Max von Oberleithner (Partsch 2001–2005, S. 268f.). Von diesem Jahr an bezog Bruckner darüber hinaus noch mehrere Jahresrenten: Der Oberösterreichische Landtag unterstützte ihn auf Antrag von Bischof Franz Maria Doppelbauer fortan mit 400 fl (ca. EUR 5.284,- bis 5.654,-) jährlich. Von einem auf Initiative M. v. Oberleithners und Carl Almeroths in Steyr gegründetem Consortium (das sogenannte „Steyrer Consortium“, bestehend aus C. Almeroth, Josef Friedrich Emil Graf von Lamberg und dessen Frau Anna [geb. Werndl], Carl Reder [ca. 1856–1943], Otto Sander [1844–1906] und Eduard Werndl [1853–1917]) erhielt er 500 fl jährlich, allerdings wurde diese finanzielle Zuwendung möglicherweise schon nach drei Jahren wieder eingestellt (Bruckner und Steyr, S. 265–269). Weitere Mäzene (K. v. Oberleithner, [Heinrich oder Wilhelm] Fürst von Hanau, [Albrecht, Alfred oder Adolf] Graf Waldstein und ein Graf Batthyány) trugen mit dem sogenannten „Mährischen Consortium“ die zusätzliche Summe von ca. 1.000 fl (ca. EUR 13.210,- bis 14.134,-) jährlich bei. In Wien unterstützten Bruckner u. a. Viktor Boller, Otto Böhler und dessen Bruder Albert Böhler (1845–1899), Friedrich Eckstein, Vinzenz Egon Landgraf zu Fürstenberg (mit 500 fl 1891) und Johann II. Liechtenstein, der nach einzelnen Spenden Bruckner ab 1890 schließlich auch eine jährliche Dotation von 300 fl (ca. EUR 3.963,- bis 4.240,-) zukommen ließ. Der enge Vertraute Eckstein setzte im Juli 1890 einen Leibrentenvertrag auf: Er zahlte Bruckner von da an jährlich 50 fl (ca. EUR 661,- bis 707,-) auf Lebenszeit; als Gegenleistung sollte jener – wie es aus steuerlichen Gründen auch für das „Steyrer Consortium“ vereinbart wurde – einmal jährlich in St. Florian oder Steyr Orgel spielen (Partsch 2001–2005, S. 269f.).

Im Oktober 1890 wurde Bruckner von der Boden-Credit-Anstalt benachrichtigt, dass das Consortium in Steyr 1025 fl (ca. EUR 13.606,-) zu seinen Gunsten bar einbezahlt hätte. Für Mai 1891 überliefert ein Kontoauszug der Boden-Credit-Anstalt, dass 500 fl (ca. EUR 6.605,-) von A. Böhler, 100 fl (ca. EUR 1.321,-) von Gustav Riehl, 500 fl von K. v. Oberleithner, 500 fl von Graf von Lamberg etc. und 500 fl von Eckstein einbezahlt wurden.

Der Vergleich einiger Wiener Jahre zeigt deutlich den finanziellen Aufstieg Bruckners und die fortdauernde, dann eigentlich nicht mehr begründbare Angst vor materieller Not: So betrug sein Jahreseinkommen (jeweils ohne die in ihrer Höhe nicht genau bekannten Nebeneinkünfte durch Privatstunden – jetzt à 3 fl) 1869: 800 fl (ca. EUR 10.355,-), 1872: 1.540 fl (ca. EUR 17.468,-), 1876 (nach Aufgabe der Lehrtätigkeit an St. Anna): 1.300 fl (ca. EUR 15.302,-), 1881: 2.400 fl (ca. EUR 29.759,-), 1887: 2.700 fl (ca. EUR 35.928,-), 1893: 4.500 fl (ca. EUR 62.076,-). Für 1871 gab Bruckner in einem Brief an Johann August Dürrnberger (Briefe I, 710516) sein Gesamteinkommen aus seiner Unterrichtstätigkeit selbst bekannt: 2.080 fl (ca. EUR 25.302,-).

Die Kosten für die Drucklegung seiner Werke übernahm Bruckner selbst nur in geringem Maß, sie wurden in der Regel entweder von den Verlegern oder von Mäzenen und Freunden übernommen. Tantiemen erhielt er zumindest von Haslinger und der Universal Edition. Rückschlüsse auf die Bedeutung von diesen Einnahmequellen für Bruckners Gesamtvermögen können derzeit nicht gezogen werden, da diesbezügliche eingehendere Recherchen in den Verlagsarchiven noch ausständig sind.

Auch privat hatte Bruckner für seine finanzielle Absicherung gesorgt: August Göllerich berichtete er später, dass er schon in seiner Linzer Zeit bei der Versicherungsgesellschaft „Anker“ Beiträge eingezahlt habe – von einer Auszahlung ist allerdings nichts bekannt.

Bruckner starb als vermögender Mann: Das von ihm hinterlassene Barvermögen (Nachlass) betrug rund 16.800 fl (umgerechnet ca. EUR 237.455,-). Eine Aufzeichnung der Börsenkurse vom 11.10.1896 wurde später zur Vermögensfeststellung dem Verlassenschaftsakt beigefügt. Die Geschwister unterzeichneten am 29.12.1896 in St. Florian (Ignaz Bruckner) bzw. Vöcklabruck (Rosalia Hueber, geb. Bruckner) gegenseitig das „eidesstättige Vermögensbekenntnis zum Nachlaßvermögen Anton Bruckners“ (Stadt- und Landesarchiv Wien, Verlassenschaftsakt Anton Bruckner, D 2249/96, Nr. 48–50). Am 14.1.1897 erhielt der von Bruckner bestimmte Testamentsvollstrecker, Hof- und Gerichtsadvokat Theodor Reisch (s. a. Testament), die vom Bezirksgericht Wien (1. Bezirk) erteilte Legitimation zur Behebung der Sparguthaben Bruckners, um Legate und sonstige Zahlungen für die Verlassenschaft bestreiten zu können.

Zur Umrechnung von fl in EUR
Die Umrechnung von fl in EUR erfolgte hier mit dem Währunsgrechner der Österreichischen Nationalbank (www.oenb.at/docroot/inflationscockpit/waehrungsrechner.html [12.2.2018]):
„Währungsrechner
Die Kaufkraft von alten österreichischen Währungen seit dem Jahr 1820 kann hier mit der heutigen Kaufkraft in EUR verglichen werden. Damit reicht die Zeitreihe annähernd bis zur Gründung der Oesterreichischen Nationalbank im Jahr 1816 zurück. Die ausgewiesene Kaufkraft in EUR entspricht dabei nicht dem Tausch- bzw. Sammlerwert der Banknoten und Münzen in der jeweiligen Währung, der im Münzhandel zu erzielen ist.“

Die Kaufkraft von 100 fl hatte demnach 1840 einen heutigen Wert von ca. EUR 2.091,-, 1850 ca. EUR 1.747,-, 1860 ca. EUR 1.349,-, 1870 ca. EUR 1.254,-, 1880 ca. EUR 1.215,-, 1890 ca. EUR 1.327,-, 1896 ca. EUR 1.413,-. Um bei in diesem langen Zeitraum oft schwankenden Preisen zumindest bezüglich der Grundnahrungsmittel eine Vorstellung von den Lebenshaltungskosten (in Wien) zu bekommen, folgen hier je nach vorhandenen Angaben ausgewählte Beispiele: Der Kilopreis für Rindfleisch hatte sich zwischen 1840 (0,25–0,31 fl) und 1895 (0,56–0,95 fl) mehr als verdoppelt, für Schweinefleisch stieg er von 0,34–0,53 fl auf 0,48–1,10 fl, für Schweineschmalz nur von 0,40–0,66 fl auf 0,56–0,72 fl. Butter kostete 1867 0,64–1,06 fl, 1876 bereits 0,80–2,00 fl, Ende 1895 mit 0,72–1,58 fl wieder weniger. Der Preis für einen Liter Vollmilch blieb zwischen 1867 und 1895 fast unverändert (0,07–0,14 bzw. 0,06–0,16 fl, mit einer Spitze Mitte der siebziger Jahre bis 0,20 fl). Weizenauszugsmehl hatte 1871 einen Kilopreis von 0,28–0,32 fl, der bis Ende 1895 auf 0,14–0,18 fl sank, ‚dürre Bohnen‘ kosteten 1874 0,13–0,17 fl und Ende 1895 – nach eher geringfügigen Schwankungen bis in der Regel maximal 0,24 fl – 0,12–0,22 fl (nach Felix Olegnik, Historisch-Statistische Übersichten von Wien. Wien 1957). Eine diese Preisangaben berücksichtigende Umrechnung des Gegenwertes des jeweiligen Jahreseinkommens Bruckners ist wegen der sich ergebenden großen Bandbreite nicht aussagekräftig.

Literatur

UWE HARTEN

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 25.7.2022

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