Mäzene

„Wann si‘ do‘ für mi‘ a reiche Leut findat‘n, die ma a jährliche Renten aussetzat‘n, wia dem Beethoven!“ (Göll.-A. 4/3, S. 54), seufzte Bruckner einmal gegenüber seinem Schüler- und Freundeskreis. Er bezog sich dabei auf die Unterstützung, die Ludwig van Beethoven 1808 seitens der Fürsten Ferdinand Kinsky (1781–1812) und Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz (1772–1816) sowie Erzherzog Rudolph (1788–1831) in Form einer Ehrenpension von jährlich 4.000 fl zuteil geworden war.

Diese Unterstützung war Ausdruck adeligen/fürstlichen Mäzenatentums, das seit Jahrhunderten üblich gewesen war. In den acht Jahrzehnten, die zwischen Beethovens Ehrengabe und Bruckners Seufzer lagen, hatten sich Formen und Methoden des Mäzenatentums jedoch deutlich gewandelt. Zwar gab es adelige Mäzene auch weiterhin, doch wurde immer stärker zwischen dem Fürsten als Privatperson und als Amtsträger unterschieden, wobei in letzterer Funktion mäzenatische Aktivitäten häufig auf das Amt, also den Staat oder das Land, übertragen wurden. Diese geänderte Einstellung lässt sich sehr gut an einer Äußerung von Johann II. Liechtenstein ablesen, der im Zusammenhang mit einer Bitte Bruckners, ihm eine jährliche Apanage zu gewähren, diese vorerst ablehnte, „weil man durch eine [solche] Unterstützung den Staat [und] wer [?] sonst für den Künstler zu sorgen hätte nur noch saumseliger macht:“ (Scheder, S. 261). Liechtenstein mag dabei durchaus auch an das seitens der bürgerlichen Gesellschaft ausgeübte Mäzenatentum gedacht haben, sei es in Form von privatem oder kollektivem Mäzenatentum, wie es beispielsweise von Vereinen oder anderen Formen von Zusammenschlüssen einzelner Individuen praktiziert wurde. Für das Bürgertum, die Männer von „Besitz und Bildung“, zählte Kultur zu einem seiner Leitwerte. Der Alltag der großbürgerlichen, sogenannten „zweiten Gesellschaft“ (nach der „ersten Gesellschaft“, der eigentlichen Aristokratie, vgl. Wandruszka, S. 57) war zu einem nicht geringen Teil von demonstrativem Konsum, also Manifestationen der Repräsentation und des Prestiges, geprägt, wovon das kulturelle Leben ein nicht unwesentliches Element war, doch spielte dabei nicht nur ein gerüttelt Maß an echtem Kulturverständnis eine Rolle, man war sich auch der moralischen Verpflichtung bewusst, von dem erlangten Reichtum auch etwas an die Gesellschaft zurückzugeben – im Falle kulturellen Mäzenatentums also an die Künstler. Gleichzeitig hoffte man, durch mäzenatisches Handeln das eigene soziale Prestige zu heben, durch die Inszenierung sozialer Macht anhand kultureller Mittel Aufmerksamkeit zu erzielen respektive durch die Umwandlung von Geld in Kulturprestige sich selbst ein Denkmal zu setzen. Dabei waren jedoch auch die Empfindlichkeiten der Rezipienten zu berücksichtigen, die nur in den seltensten Fällen als simple Almosenempfänger erscheinen wollten und es viel lieber sahen, wenn – was im Idealfall durchaus passierte – aufgrund der Kennerschaft, der Rezeptions- und Urteilsfähigkeit des Mäzens ein Netzwerk geistiger Bindungen zwischen Künstler und Mäzen aufgebaut werden konnte. Das Prinzip des „do, ut des“ war freilich nicht auf den schöngeistigen Bereich beschränkt, sondern erstreckte sich durchaus – in einem vom Gedanken des Marktes beherrschten Zeitalter nicht weiter verwunderlich – auch auf die materielle Sphäre, wobei das beide Partner einbeziehende und diese in ihren Verpflichtungen bindende Vertragsdenken die äußere Form mäzenatischer Aktivität bestimmte. Das Beziehungsgeflecht von Kunst, Kennerschaft und Kapital war für das Mäzenatentum konstitutiv.

All die oben genannten Aspekte lassen sich auch im Fall von Bruckner feststellen. Als er, der Zeit seines Lebens von – wohl übertriebenen – Existenzängsten geplagt war, sich 1868 aus der relativen Geborgenheit seiner Linzer Stellung auf das viel glattere und unsichere Wiener Parkett begab, wandte er sich noch im selben Jahr an die öffentliche Hand, konkret an die oberösterreichische Statthalterei, die das Gesuch an das Ministerium für Cultus und Unterricht weiterleitete, das ihm eine einmalige Unterstützung in der Höhe von 500 fl gewährte. Zwei Jahre später erhielt er erneut ein Künstlerstipendium in der Höhe von 400 fl. Nach einer neuerlichen Intervention, diesmal im Reichsrat, erhielt er 1874 noch einmal ein – jeweils auf die Dauer eines Jahres begrenztes – Künstlerstipendium des Ministeriums in der Höhe von 500 fl. Erst knapp zwei Dezennien später, im Jahr 1891, erfuhr er wieder eine Unterstützung durch die öffentliche Hand. Der damals von den Katholisch-Konservativen dominierte oberösterreichische Landtag gewährte auf Antrag von Bischof Franz Maria Doppelbauer eine jährliche Ehrengabe auf Lebenszeit von 400 fl. Damit revidierte der Landtag seine Position, die er 1873/74 eingenommen hatte, als er ein vom liberalen Abgeordneten Alois Bahr (1834–1898; der Landtag war damals fest in liberaler Hand) eingebrachtes Ansuchen auf Unterstützung ablehnte und dabei unterschwellig auf das liberale Leistungsethos rekurrierte, wenn er meinte, der Komponist, der bisher primär als Kirchenmusiker und als Schöpfer von Chorwerken ins Bewusstsein der Öffentlichkeit getreten war, möge seine musikalischen Produktionen derart gestalten, dass sie sich auch verkaufen würden und er dann nicht der Allgemeinheit zur Last fallen müsse. 1895 trat noch einmal der Staat als Mäzen in Erscheinung: In Reaktion auf einen Antrag der Universität Wien, ihrem Ehrendoktor eine jährliche Zuwendung zukommen zu lassen, gewährte das Ministerium nach einiger Zeit der Unentschlossenheit schließlich eine jährliche Ehrengabe von 600 fl.

Diese Leistungen der öffentlichen Hand erfolgten nicht aus eigenem Antrieb der Behörden, sondern stets als Ergebnis von Anstößen, die Bruckner selbst oder durch Mittelsmänner gab. Dieses Muster zeigt sich auch bei jenen Unterstützungen, die ihm durch den Adel bzw. den Kaiser selbst zuteil wurden, wobei diese nicht so sehr einer allgemeinen Zweckbestimmung dienten – der Bestreitung der generellen Lebenshaltungskosten und der Befreiung von regelmäßiger Tätigkeit, um „sich ungestört dem Componiren hingeben“ (Lach, S. 32) zu können, wie Eduard Hanslick maliziös formulierte –, sondern für konkrete, mit dem Komponistendasein verbundene Aufwendungen gedacht waren. Drucklegung und Aufführung von neuen Werken waren mit hohen Kosten verbunden, die nur schwer von einem Einzelnen getragen werden konnten. Die Uraufführung von Bruckners Zweiter Symphonie kam durch eine namhafte Subvention Johann II. Liechtensteins (mindestens 400 fl) zustande. Jahre später bewilligte Liechtenstein, einer der großzügigsten aristokratischen Förderer der Wissenschaften und der Künste (u. a. dotierte er die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften mit 70.000 fl, widmete dem Pharmakologischen Institut der Universität Wien gar 750.000 Kronen und erwarb zahlreiche Werke der bildenden Kunst, während er gleichzeitig viele seiner Gemälde diversen Sammlungen und Museen schenkte) nach anfänglichem Zögern (s. o.) Bruckner schließlich doch eine jährliche Dotation von 300 fl. Der Anstoß dazu kam von einem Verwandten Liechtensteins, von Vinzenz Egon Landgraf zu Fürstenberg, der schon des Öfteren Bruckner finanziell unterstützt hatte. So war beispielsweise eine namhafte Spende Fürstenbergs dazu verwendet worden, um die Auslagen im Zusammenhang mit dem am 7.5.1883 vom Wiener Akademischen Wagner-Verein veranstalteten „Internen Musik Abend“ abzudecken. Fürstenberg beteiligte sich in den 1890er Jahren an den Bestrebungen, Bruckner durch geregelte Zuwendungen mehr Zeit zum freien Schaffen, zur Verwirklichung seines Lebensberufs „als Symphoniker“ (Briefe II, 911019) zu ermöglichen; 1891 überwies er einmalig 500 fl. Auch Josef Friedrich Emil Graf von Lamberg und seine Frau Gräfin Anna (geb. Werndl) aus Steyr (mit zusammen 200 fl jährlich), [Heinrich oder Wilhelm] Fürst Hanau aus Böhmen (mit 50 fl), ein Graf Batthyány sowie [Albrecht, Alfred oder Adolf] Graf Waldstein beteiligten sich an diesem Unternehmen.

Selbst Kaiser Franz Joseph I. war unter den Mäzenen Bruckners zu finden. Über Vermittlung der Herzogin Amalie Maria, Cousine der Erzherzogin Marie Valerie, verlieh der Kaiser Bruckner 1886 nicht nur das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens (was – wie die Erzherzogin ihrer Cousine mitteilte – Bruckner „freilich nicht fetter machen wird“ [zit. n. Bruckner in München, S. 260]; Ehrungen), sondern auch eine jährliche Personalzulage von 300 fl aus dem Hofärar und v. a. die Zusicherung, „Von Zeit zu Zeit eine Unterstützung [zu erhalten], wenn er eine solche zur Herausgabe seiner Kompositionen braucht:“ (zit. n. Bruckner in München, S. 260). Tatsächlich hat der Kaiser aus seiner Privatschatulle zur Drucklegung der überarbeiteten Fassung der Dritten Symphonie 1.000 fl (nach anderen Quellen sogar 1.600 fl) zugeschossen, 1890 bot er erneut seine Privatschatulle im Falle konkreter finanzieller Engpässe an. Herzogin Amalie Maria beteiligte sich an der Aufbringung der Mittel zur Drucklegung der Achten Symphonie mit einem namhaften Betrag (insgesamt waren dafür 1.500 fl erforderlich).

Schließlich ist als „Sachleistung“ seitens des Hofes noch die wieder durch Vermittlung der Erzherzogin Marie Valerie zustande gekommene kostenlose Überlassung einer Wohnung in einem Nebengebäude des Schlosses Belvedere zu erwähnen, in der Bruckner die letzten 15 Monate seines Lebens verbrachte. Die Überlassung einer Wohnung war auch Teil jenes Mäzenatentums, das Bruckner von Seiten bürgerlicher, wenn auch nicht unbedingt der „zweiten Gesellschaft“ Wiens angehörender, Unterstützer erfuhr, die sich zum Teil aus Bruckners Hörern und Schülern rekrutierten. Zu diesen zählte u. a. Anton Oelzelt von Newin, dessen Vater, ein gelernter Maurer, es zum wohlbestallten (und später geadelten) Baumeister gebracht hatte und der als Grundstücks- und Häuserspekulant verschiedene Häuser in der Ringstraßenzone besaß. In einem dieser Häuser, in der Heßgasse 7 (1. Bezirk), wohnte Bruckner 1877–1895, wobei Oelzelt jun. den Großteil der Mietkosten übernahm.

Drucklegung und Aufführung von Werken waren ein weiteres Feld, in dem sich auch das bürgerliche Mäzenatentum bewährte, dies umso mehr, als Bruckner durchaus mangelndes Geschick, seine Werke zu vermarkten, zugeschrieben werden muss. Hier sprangen Freunde, aber auch Verleger in die Bresche, die, wie es ein solcher damals formulierte, „berufen [sind], nicht bloß als Kaufmann für sich und seinen Erwerb zu wirken, sondern auch vom ethischen Standpunkte aus ein Förderer der Kunst, ein Erzieher des Volkes zu sein.“ (Urbanitsch 2010, S. 78). Der Verleger Theodor Rättig ließ Bruckners Dritte Symphonie auf eigene Kosten drucken, die sich auf 3.000 fl beliefen (und sich Jahre später noch nicht amortisiert hatten); dennoch verlegte er später weitere Werke Bruckners aus dem Bereich der geistlichen und weltlichen Chormusik. Andere Verleger orientierten sich eher an marktwirtschaftlichen Gegebenheiten, wie z. B. Albert J. Gutmann (Wien) oder Johann Gross (Innsbruck), die durch ihre verlegerische Tätigkeit zwar ebenfalls als Förderer Bruckners gelten können (wenn auch nicht als Mäzene im eigentlich Sinn), die sich aber ihr Engagement durch finanzielle Unterstützung von anderer Seite absichern ließen. Im Fall der 1892 von Gross in Innsbruck gedruckten Messe in d‑Moll war dies der Schwiegersohn des Verlagsinhabers Simon Alfons Reiss, Theodor Hämmerle, Spross einer Dornbirner Industriellenfamilie, der die Wiener Firmenniederlassung leitete und zum engeren Kreis der Bruckner-Freunde zählte. Hämmerle und Reiss waren aber immerhin Kaufmann als auch Kenner genug, um sich beim Verzicht auf rasche Amortisation die Rechte an der Messe in d‑Moll für „einen etwaigen späteren Nutzen“ (Briefe II, 910630) zu sichern. Andere konnten auf keinerlei Rückfluss ihrer eingesetzten Kapitalien rechnen. Friedrich Eckstein unterstützte Bruckner nicht nur ideell und als „freiwillige[r] Privatsekretär“ (Eckstein, S. 140), sondern auch finanziell, indem er z. B. den Großteil der Druckkosten des Te Deum finanzierte. Der in München wirkende Dirigent Hermann Levi setzte sich nicht nur in künstlerischer Hinsicht unermüdlich für Bruckners Werk ein, indem er dessen Werke aufführte oder für Aufführungen durch andere Dirigenten sorgte, er trug auch durch die Zurverfügungstellung eigener Mittel und durch die Initiierung von Sammlungen zu Aufführungen (Siebente Symphonie, 1.000 Mark) oder Drucklegungen (Vierte Symphonie) bei.

Max von Oberleithner finanzierte die Kopierkosten für die Orchesterstimmen der Achten Symphonie und den Druck des Klavierauszugs dieses Werkes. Mit dem Namen Oberleithner ist jene Aktion verbunden, die für das Verhältnis Bruckner–Mäzenatentum kennzeichnend werden sollte. Im Anschluss an das eingangs erwähnte Zitat Bruckners wandte sich Max von Oberleithner hilfesuchend an seinen Vater, den Textilindustriellen und Reichsratsabgeordneten Carl von Oberleithner aus Mährisch Schönberg (Šumperk/CZ), der der Musik generell sehr aufgeschlossen war und sich ebenfalls als Komponist betätigte. Dieser verpflichtete sich 1890 in einem Notariatsakt, Bruckner auf Lebenszeit eine Leibrente von 500 fl zu zahlen, und zwar als Gegenleistung für den Musikunterricht an Max. Dieser stellte klar, dass dieser Passus nur eingefügt worden war, um dem Mäzen unnötig hohe zusätzliche Kosten zu ersparen. Tatsächlich sollten die Unterrichtsstunden weiterhin extra honoriert werden. In einem ähnlichen Vertrag verpflichtete sich Eckstein zu einer jährlichen Zahlung von 50 fl, wobei als symbolische (steuerschonende) Gegenleistung ein einmaliges Orgelkonzert Bruckners in St. Florian oder Steyr vereinbart wurde. Albert Böhler (1845–1899), der gemeinsam mit seinen Brüdern Emil, Friedrich und Otto Böhler die Stahlwerke in Kapfenberg und im Ybbstal leitete – die Brüder Böhler waren allesamt musikalisch sehr interessiert und u. a. auch Mitglieder des Wiener Akademischen Wagner-Vereins – unterzeichnete 1891 einen fast gleichlautenden Vertrag, der jedoch als Ort des Orgelkonzerts Waidhofen an der Ybbs oder die Kirche auf dem Sonntagsberg angab. Unter Führung des Dermatologen Gustav Riehl (Ärzte im Bruckner-Umkreis) verpflichtete sich die „Ärzte-Runde“ im Wiener „Riedhof“ (Gasthäuser), wo Bruckner ebenfalls häufig verkehrte, zu einer jährlichen Zahlung von 100 fl.

Neben dem – von Bruckner selbst so bezeichneten – „Wiener“ und dem „Mährischen Consortium“ gab es auch ein „Oberösterreichisches Consortium“ (Consortien), das sich an der Finanzierung der Lebenshaltungskosten Bruckners nach Beendigung seiner dienstlichen Verpflichtungen beteiligen wollte. Zur Schaffung des Oberösterreichischen Consortiums“ wandte sich Oberleithner 1889 an Josef Schalk, der wiederum an Carl Almeroth. Er beteiligte sich mit 150 fl an einem Leibrentenvertrag auf Lebensdauer, Josef Friedrich Emil Graf von Lamberg und seine Frau (wie erwähnt) gemeinsam mit 200 fl, Eduard Werndl (1853–1917, Bruder von Josef Werndl, dem Generaldirektor der Österreichischen Waffenfabriksgesellschaft) mit 50 fl, Otto Sander (1844–1906, viele Jahre Beamter der Österreichischen Waffenfabriksgesellschaft und Schwiegersohn von Josef Werndl) und der Steyrer Holzindustrielle Carl Reder (ca. 1856–1943) ebenfalls mit je 50 fl. Für diese insgesamt 500 fl verpflichtete sich Bruckner abermals zu einem Orgelspiel in Steyr oder St. Florian. Ob Bruckner seinen Verpflichtungen aus den diversen Verträgen auch bis zu seinem Lebensende vollinhaltlich nachkam, muss noch genauer untersucht werden.

Zwei Dinge sind im Zusammenhang mit den zuletzt erwähnten mäzenatischen Leistungen bedenkenswert: Zum einen die Tatsache, dass Bruckner darauf bestand, die finanziellen Verpflichtungen seiner Gönner durch Notariatsakte abzusichern – die Verrechtlichung der Ökonomie des Schenkens war ein genereller Zug der Zeit und lässt sich auch an zahlreichen anderen Beispielen festmachen. Anders war es beim zweiten Charakteristikum des Bruckner zugutekommenden Mäzenatentums. Es fällt auf, dass unter den Bruckner unterstützenden Mitgliedern des Besitz- und Bildungsbürgertums die ganz großen Namen der „zweiten Gesellschaft“ (z. B. Dumba, Wilczek, Wertheimstein, Lieben etc.) fehlen. Bruckners Mäzene gehörten dieser Gesellschaftsschicht nur am Rand an, sie hatten zur Wiener Gesellschaft nur relativ losen Kontakt, die Schwerpunkte ihrer gesellschaftlichen Verwurzelungen befanden sich in der Provinz, in Oberösterreich, Mähren, Tirol und Vorarlberg. Auch an diesem Befund zeigt sich, dass Bruckner die so sehr angestrebte Integration in die „zweite Gesellschaft“ nicht gelungen war. Ob dabei seine Religiosität eine Rolle spielte – so gut wie alle Angehörigen der „zweiten Gesellschaft“ vertraten einen in Glaubensdingen toleranten Liberalismus – und, wenn ja, in welchem Ausmaß oder doch künstlerische Erwägungen – man erinnere sich, dass Kennerschaft, Rezeptions- und Urteilsfähigkeit und ein bestimmtes Maß an innerer Übereinstimmung zum Wesen eines Mäzens gehören –, kann hier nicht entschieden werden.

Die von ihm irrational und fast schon krankhaft erstrebte materielle Absicherung ist Bruckner jedenfalls vollumfassend gelungen. Er, der Zeit seines Lebens über seine deplorablen materiellen Verhältnisse klagte, starb als ein einigermaßen vermögender Mann: die nach seinem Ableben durchgeführte „Todesfall-Aufnahme“ ergab ein Barvermögen von 16.891,55 fl, ein Betrag, der dem Jahreseinkommen eines der höchsten Staatsbeamten entsprach (Finanzen).

Literatur

PETER URBANITSCH

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 1.9.2017

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